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Was bringt uns das neue Jahr?

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 12.01.2022
Frauke Nippel

Politisch starten wir sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene mit neuen Regierungen in das Jahr 2022. Für beide ist die Digitalisierung ausdrücklich ein Kernthema; beide betonen die Chancen, die mit der Digitalisierung verbunden sind – endlich. Wie weit kommen wir mit einem solchen Rückenwind in diesem Jahr?

Nicolas Zimmer: Tatsächlich ist die Digitalisierung mitten in der Gesellschaft angekommen und auch politisch das zentrale Thema. Der Anlass ist vielleicht nicht schön, aber die Corona-Pandemie hat der Entwicklung einen enormen Schub gegeben.

Erfreulich finde ich, dass die Politik, dass die Umsetzung der Digitalisierung endlich bei den Verwaltungen ansiedelt. Das war lange nicht selbstverständlich. Ich erinnere mich noch gut an Diskussionen zu der Frage, ob die Kommunen ihre Daten selbst nutzen oder nicht doch verkaufen sollten, oder an Überlegungen dazu, ob man nicht die digitale Infrastruktur lieber bei großen Datenunternehmen einkaufen sollte als selbst aktiv zu werden.

Diese Diskussionen sind vorbei. Die Akzeptanz für digitale Infrastruktur ist in Coronazeiten stark gewachsen und auch das Bewusstsein für den Handlungsbedarf bei der öffentlichen Hand, die mindestens strategische Vorgaben für die Infrastrukturentwicklung machen muss. Wieso das so ist, ist leicht zu erklären. Dort, wo bereits digitalisiert war, lief es häufig einfach besser als in analogen Bereichen. Da wurde klar: Digitalisierung ist kein Selbstzweck sondern bringt ganz konkrete Vorteile.

Ergebnisse von Coronatests beispielsweise digital zu erfassen und nicht etwa per Fax weiterzuschicken, entlastet das Personal und ermöglicht es, zeitnah das Infektionsgeschehen zu beobachten – in der Pandemie sehr wichtig; digital mit dem Amt zu kommunizieren, spart Zeit und Nerven: bei denen, die zur Behörde gehen, aber auch bei den Verwaltungsangestellten, die nur einmal die bereits erfassten Daten kontrollieren und nicht mehrmals abschreiben müssen. Zurzeit sind wir noch nicht so weit wie wir sein könnten. Die Politik hat aber jetzt klar gemacht, dass genau diese Modernisierungen vorangetrieben werden müssen und das ist das richtige Signal.

Wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen, werden wir auch eine grünere Stadt bekommen, die effizienter mit Ressourcen umgeht, in der das Verwaltungshandeln transparenter ist als bisher, und in der es viele attraktive Arbeitsplätze im Innovationsbereich gibt. Das haben die meisten verstanden. Wir müssen jetzt die entsprechende Infrastruktur aufbauen und damit werden wir in diesem Jahr mit dem Rückenwind auch vorankommen.

 

Im Koalitionsvertrag für den neuen Senat von Berlin wird die Technologiestiftung mit dem CityLAB ausdrücklich genannt als „Schaltstelle für die Umsetzung der wesentlichen Elemente der Digitalpolitik“. Auch wird die Weiterentwicklung der Open Data-Informationsstelle angekündigt und betont, dass das Projekt kulturBdigital verstetigt werden soll. Wie wird die Arbeit der Technologiestiftung vor diesem Hintergrund aussehen?

Nicolas Zimmer: Wir freuen uns natürlich sehr, dass die Arbeit unserer Stiftung so eine hohe Wertschätzung bei den politisch Verantwortlichen erfährt. Es ist meinen Kolleg:innen und mir wichtig, Berlin voran zu bringen und noch lebenswerter zu machen. Wir verstehen uns dabei als gesellschaftliche Partnerin in der digitalen Transformation.

Vor allem wollen wir weiterhin Digitalisierung offen gestalten, um so die digitale Souveränität des Landes und der Menschen, die darin leben, zu stärken. Je mehr Teilhabe wir dabei ermöglichen, um so größer wird auch die gesellschaftliche Akzeptanz für notwendige Veränderungen werden. Sie dient aber auch als Korrektiv, denn Transparenz beugt auch Fehlentwicklungen vor. Dieses Leitbild findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder.

Daher wollen wir möglichst konkrete Lösungen in kollaborativen, kreativen Prozessen erarbeiten und auch schnell mit Prototypen praktisch erproben. Bei allem, was wir tun, soll die Nutzer:innen-Perspektive im Mittelpunkt stehen, wir wollen eine menschengerechte Digitalisierung. Das gelingt nur, wenn wir Stadtgesellschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft in gemeinsamen Projekten zusammenbringen. Wir wollen Berlin in die Lage versetzen, digitale Herausforderungen selber zu meistern.

Um noch mehr Nutzen zu stiften, werden wir uns zukünftig auch stärker mit der agilen Implementierung von Lösungen auseinandersetzen, also der Frage, wie kommen Prototypen eigentlich in den Dauberbetrieb? Es ist nicht nachhaltig, nur lauter gute Ideen zu entwickeln, wenn diese nicht auch bei den Menschen, für die sie erdacht werden, ankommen.

Auch wenn wir damit den vor einigen Jahren eingeschlagenen Weg nur konsequent weiter gehen, so werden wir uns auch in unserer inneren Struktur entsprechend weiterentwickeln müssen. Um unserem Anspruch weiter gerecht zu werden und auch das Vertrauen der Koalition zu rechtfertigen, steht damit auch bei uns das Thema Transformation für 2022 ganz oben auf der Tagesordnung.

 

Im Sommer und Frühherbst, als Corona wenigstens für ein paar Wochen in den Hintergrund trat, wurde klar: Das Thema, das uns nicht nur 2022, sondern auch mittel- und langfristig am stärksten beschäftigen wird, ist der Klimawandel. Welche Bedeutung hat das Thema eigentlich für die Technologiestiftung?

Nicolas Zimmer: Wie schon gesagt: Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern wird unsere Gesellschaft stärker machen, um den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu begegnen. Zu diesen Herausforderungen gehört der Klimawandel ganz zweifellos und wir sind froh, wenn wir hier einen Beitrag leisten können. Das Projekt Gieß den Kiez, das unser CityLAB entwickelt hat, zeigt, wie die Stadtgesellschaft sich im Kiez organisieren und die Straßenbäume in den zunehmend trockenen Sommern mit Wasser versorgen kann. Dieses Beispiel zeigt, wie wir dem Klimawandel direkt vor der Tür begegnen können: als Stadtgesellschaft, die sich, digital unterstützt, vernetzt und engagiert. Wir werden auch weiterhin an der Entwicklung einer modernen digitalen Infrastruktur mitwirken, die uns hilft, mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen.

Daneben ist für uns natürlich auch der klimagerechte Umbau der Infrastruktur ein wichtiges Thema. Wir haben bereits in verschiedenen Studien gezeigt, wie die Digitalisierung die Energieversorgung in Gebäuden viel besser und effizienter machen würde. Immerhin wenden wir zurzeit rund ein Drittel der Energie, die wir verbrauchen, für die Versorgung von Immobilien auf. Da kann die Digitalisierung also einen substanziellen Beitrag leisten. Auch unsere Beteiligung am Kompetenzzentrum Wasser will ich in diesem Zusammenhang erwähnen. Dort werden viele Projekte zum nachhaltigen Umgang mit Wasser durchgeführt. Wir werden auch diese Infrastruktur-Themen 2022 weiterverfolgen.

Der Klimawandel und seine Folgen sind Themen, die wegen ihrer Bedeutung für alle Lebensbereiche bei der Arbeit immer mitschwingen. Da geht es uns vermutlich nicht anders als den meisten anderen Akteur:innen, die einen guten Beitrag zu unserer Zukunft leisten wollen.