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  • Thema Neue Technologien

Datennutzung – Erleichterung oder Mehraufwand für Unternehmen?

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 08.02.2023
Dr. Anett Kuntosch

In der Wirtschaft gelten Daten schon lange als das neue Gold. Unsere neue Studie „Datenpotenziale – Wie Datennutzung in der Praxis gelingt“ untersucht, wie es mit der Nutzung von Daten in Berlins kleinen und mittleren Unternehmen sowie im urbanen Bereich bestellt ist. Dass auch interessierte, datenaffine Kleinstunternehmen sehr wohl Tools zur Datenanalyse verwenden, um ihre Prozesse effizienter zu organisieren und auch mit Daten Dritter an neuen Geschäftsmodellen arbeiten, zeigt das Beispiel Bockstein Bikes aus Berlin-Frohnau. Wir haben mit Geschäftsführer Xaver von Treyer gesprochen.  

Xaver von Treyer von Bockstein, Foto: jasper q photography, Berlin

Herr von Treyer, wozu brauchen Sie Daten in Ihrem Unternehmen?  

Xaver von Treyer: Das Wissen, dass die Benutzung eines Rades, das nicht zum Körperbau des Benutzers passt, auf lange Sicht gesundheitsschädigend sein kann, ist die Grundannahme im Bereich des sogenannten Bike-Fitting. Das bedeutet, Rad und Körper möglichst optimal aufeinander abzustimmen, bspw. die Rahmengeometrie, die Vorbaulänge, Lenkerbreite so zu konfigurieren, dass sie möglichst genau zum Kunden passen. Diese Daten werden durch eine Software kombiniert und berechnen das perfekte Modell und ich kann dann dem Kunden sein Rad zusammenbauen. Dazu bin ich selbstverständlich auf eine Reihe personenbezogener Daten angewiesen. Das sind bspw. Größe, Schrittlänge oder Armlänge. Die Arbeit mit Daten ist also ein wesentlicher Bestandteil meines Geschäftsmodells. Außerdem möchte ich natürlich mein Produkt weiter bekannt machen und nutze dafür Soziale Medien, bspw. Instagram oder Facebook.  

Wir haben Sie das letzte Mal 2022 gesprochen – was hat sich seitdem bei Ihnen getan?  

Xaver von Treyer: Unser Ziel war es, weitere Potenziale bei der Datennutzung zu heben. Neuerdings arbeite ich mit einem ERP-System als zentralen Datenspeicherort und nutze die KI ChatGPT für meine Social-Media-Kommunikation, sie hilft mir Ideen zu sortieren und in Kampagnen zu wandeln. Die Inhalte kommen von mir, werden aber von ChatGPT schick verpackt und sortiert. Beides hilft mir dabei, Ressourcen zu ersetzen, die ich personaltechnisch nicht abbilden kann. Für mich als Kleinunternehmer ist das wahnsinnig wichtig.  

Welche Probleme haben Sie bei der täglichen Arbeit mit Daten?  

Xaver von Treyer: Zunächst einmal gibt viele Lock-in-Effekte von Seiten der Software-Hersteller. Die wollen natürlich, dass man bei ihrer Software bleibt. In der Realität hindert es mich daran, mein Geschäftsmodell so aufzubauen, wie ich mir das wünsche, weil mich die Datenverarbeitung unwahrscheinlich viel Zeit kostet. Meine Daten sind fragmentiert, weil ich vieles händisch von einem System in ein anderes übertragen muss, da Schnittstellen fehlen. Das heißt, dass es schwer skalierbar ist und das Entstehen von Fehlern begünstigt. Bei einer automatisierten Datenverarbeitung wäre das nicht so. Eine gute Gesamtlösung habe ich aber noch nicht gefunden; jedenfalls nicht zu einem akzeptablen Preis. Auch der Datenschutz stellt einen vor große Herausforderungen, da ich in Deutschland einige Analysemöglichkeiten nicht anwenden kann, die mir aber helfen würden, mehr über potenzielle Kunden zu erfahren. Ich versuche immer wieder Dinge, die aber nicht unmittelbar strategische Konsequenzen haben, da sind kleine Unternehmen sicher nicht so gut strukturiert, wie größere – haben im Prinzip aber ähnliche Probleme.  

Was ist Ihre Vision?  

Xaver von Treyer: Ich würde Daten gern viel intensiver nutzen, beispielsweise um zu erfahren, welche Präferenzen meine Kunden haben oder wie Produkte aus meinem Segment im Netz besprochen werden. Außerdem habe ich Ideen in Richtung Kooperation und Austausch mit anderen Akteuren aus meiner Branche, bspw. eine Börse für Ersatzteile und Komponenten. Dies erfordert aber saubere, genaue und richtige Daten: bspw. Größenangaben, Gewichtsangaben, Herstellerangaben und vieles mehr. Die Datenqualität müsste also regelmäßig überprüft werden. Das ist eigentlich ein eigenes Geschäftsmodell – es kann aber auch Community basiert funktionieren, aber auch hier braucht es jemanden, der die Verantwortung übernimmt. Um solche Angebote herum können dann weitere Funktionen entstehen und sich Kooperationen entwickeln.  

Was würden Sie sich zu Ihrer Unterstützung wünschen?  

Xaver von Treyer: Man würde sich vor allem wünschen zu erfahren, wie andere damit umgehen. Außerdem würde ich mich über mehr themenspezifische Informationen und Weiterbildungen freuen (bspw. zum Datenschutz). Aus anderen Bereichen kenne ich YouTube-Kanäle, wo gezeigt wird, dass man auch ohne großen Aufwand viel erreichen kann. Man muss eben gerade die ganz kleinen Unternehmen etwas durch den Dschungel der Bürokratie führen, sonst kostet das zu viel Kraft und Daten können nicht innovativ genutzt werden.  

 

Steckbrief Unternehmen


Zahl der Mitarbeitenden:

1

Branche:

Sportgeräteherstellung

Gründungsjahr:

2017

Datennutzung seit:

2017

Eingesetzte Systeme:

Billabee, WooCommerce, Mailchimp, Slack, PayPal, Office 365, WhatsApp Business, Social Media Plattformen, ChatGTP