„Die Website muss strahlen“
Ein Projekt kann nur seinen wahren Wert zeigen, wenn es Menschen erreicht. Und dafür braucht jede Institution passende Kommunikatoren. Das ist die Überzeugung von Erik Reinholz, der seit Januar bei uns als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Onlinekommunikation arbeitet. Im Interview erläutert er, warum Kommunikation auf Social-Media-Kanälen harte Arbeit ist.
Die Technologiestiftung begleitet den digitalen Wandel, ist folgerichtig viel online unterwegs. Das gilt für Dich als Online-Redakteur natürlich besonders. Wo triffst Du denn Deine Zielgruppen im Netz und wohin bewegen sie sich in der nächsten Zeit?
Zu beobachten ist, dass sich Online-Interaktionen immer mehr in geschützte Räume, beispielsweise Facebook-Gruppen oder Instant Messaging verlagern. Paradoxerweise geht es dem Nutzer dabei um eine gefühlte Privatheit, nicht aber darum, was mit den eigenen Daten passiert. Dennoch sehe ich den Schritt als ein gutes Zeichen, dass es insgesamt in Richtung datenbewussteren Bürger geht. Der Hype um Vero Ende Februar verdeutlicht das Hauptproblem der alten Netzwerke: Die Nutzer haben Werbung satt und möchten nicht den Feed durch Algorithmen diktiert bekommen. Und sind teilweise bereit, dafür zu zahlen. Vielleicht gibt es demnächst einen werbefreien Social-Media-Abo-Anbieter, parallel zum Streaming-Trend!
Welche Schlüsse ziehst Du aus diesen Beobachtungen für Deine Arbeit?
Auch wenn insgesamt soziale Netzwerke sehr dynamisch sind, dauert es seine Zeit, bis man eine Community aufgebaut hat. Das zeigen unsere Twitter- und Facebook-Profile, wo über Jahre kontinuierliche Kommunikation zu Erfolg geführt hat. Der Einstieg oder Ausstieg muss wohlüberlegt sein. Außerdem ist es ein meilenweiter Unterschied, ob man als Institution postet oder als Privatperson, da man vielen zusätzlichen Faktoren gerecht werden muss. Und es ist, wie bei jedem Job, eine Ressourcenfrage: Wieviel Aktivität kann man mit bestimmten Zeitpensum dauerhaft gewährleisten?
Der Fokus liegt also auf stetige und behutsame Veränderungen, beispielsweise durch die gezielte Kommunikation über Infografiken als anschauliche Überwindung des Datendschungels.
Du erwähntest Twitter und Facebook. Beide stehen im Dauerfeuer der Kritik, insbesondere in Bezug auf Datennutzung hat sich die Lage sehr zugespitzt. Wäre es nicht konsequent, solche Plattformen gar nicht zu nutzen?
Twitter und Facebook bieten sehr gute Möglichkeiten, mit den Menschen zu interagieren, die an unseren Tätigkeiten interessiert sind. Social Media ist nun mal ein großer Teil der Gesamtkommunikation geworden und durchdringt alles. Letztendlich sind wir als Stiftung dazu verpflichtet, unsere Themen und Projekte in die Öffentlichkeit zu bringen und dafür gehen wir natürlich dahin, wo die Zielgruppen sind. Natürlich wäre es mir lieber, wenn die Nutzerinnen und Nutzer datenbewusster agieren. Als Erste-Hilfe-Maßnahme lohnt es sich, die Einstellungen des jeweiligen Dienstes zu überprüfen. Oft lassen sich mit wenigen Klicks viele Datenströme unterbinden.
Zwangsläufig kommt man zu der Frage: Was sind die Alternativen zu Facebook und Co.?
Nun, da gibt es sehr viel Dynamik, aber die Branchenriesen können aufkommendes Strohfeuer stets löschen. Entweder wird der neue, innovative Funktionsumfang schamlos kopiert oder gar die Konkurrenz gänzlich aufgekauft. Zu einer Überraschung trägt momentan Snapchat bei. Die Plattform scheint sich gegensätzlich den Erwartungen auch nach dem Börsengang zu behaupten und bindet immer mehr junge Nutzerinnen und Nutzer. Insbesondere Facebook hat in der heranwachsenden Generation zurecht ein Imageproblem. Datenschutzfreundliche Alternativen wie Ello spielen nach wie vor keine Rolle.
Wann landet die Technologiestiftung den viralen Durchbruch?
Ich glaube, dass die kurzfristig Fixierung auf möglichst viel Impact insgesamt eine gute Kommunikation behindert. Wir werden auf keinen Fall Videos mit Wearables-tragenden Kätzchen produzieren. Das transportiert keine Botschaft und entspricht nicht den Erwartungen an uns.
Gleichzeitig muss man sich schon überlegen, wie man Inhalte kreativ und innovativ vermittelt. Das ist eine der großen Herausforderung bei der Technologiestiftung, da auch die Zielgruppen sehr divers sind. Um eine konkrete Maßnahme zu nennen: Wir nutzen nun verstärkt Instagram, um mit einzigartigen Einblicken hinter den Kulissen der Stiftung andere Anspruchsgruppen zu erreichen.
Die Sonne, um die sich alle Online-Maßnahmen drehen, bleibt aber stets die eigene Website. Und die muss strahlen.
Zum Schluss eine persönliche Frage: Du bist eigentlich Geoökologe. Was sucht so einer in der Online-Kommunikation?
Es gibt nur wenige Studiengänge oder Ausbildungsberufe, die sich ganz dem Thema verschreiben. Die Nachfrage ist aber riesig. Da hat man es als Quereinsteiger einfacher, sodass ich schon früh einige berufliche Erfahrungen im Museum für Naturkunde Berlin sammeln konnte. Dennoch muss man gewisse Voraussetzungen mitbringen. Das Geoökologie-Studium war mir eine echte Hilfe, weil ich darin geschult bin, interdisziplinär und projektorientiert zu arbeiten. Und inhaltlich gibt es einige Überschneidungen mit den Tätigkeiten der Technologiestiftung. Kurzum: Es ist von Vorteil, wenn man einen Sachverhalt versteht, bevor man ihn kommuniziert.