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AMAREX – die Folgen des Klimawandels für die Stadt managen

Die Folgen des Klimawandels sind überall zu spüren – auch und insbesondere in der Stadt. Hohe Flächenversiegelungsgrade und Bebauungsdichten erhöhen das Risiko für klimawandelbedingte Wetterextreme wie Überflutungen und Hitzeinseln. Im Projekt AMAREX untersucht die Technologiestiftung Berlin seit Anfang 2022 im Verbund mit anderen Projektpartner:innen Möglichkeiten zur Anpassung des Regenwassermanagements an die zunehmenden Extrembelastungen. Zudem wird die Eignung des urbanen Wasserhaushalts als zentraler Bewertungsindikator für Wasserextreme geprüft.

Besonders eng arbeiten in diesem Projekt die Technologiestiftung und das Kompetenzzentrum Wasser (KWB) zusammen. Wir haben dem Projektverantwortlichen seitens des KWB, Dr. Andreas Matzinger, über die Schulter geschaut und zu den Hintergründen und aktuellen Herausforderungen beim Projekt gesprochen. Impulse gibt es auch von unserem Kollegen Matthieu Rigal, der AMAREX auf Seite der Technologiestiftung begleitet.

Andreas Matzinger, Kompetenzzentrum Wasser
Portrait Andreas Matzinger © KWB

Wie ist das Projekt Amarex zustandegekommen?

Dr. Andreas Matzinger: Wir haben am KWB in der Vergangenheit an verschiedenen Projekten, wie KURAS oder netWORKS4, in den Bereichen Regenwasserbewirtschaftung und Klimafolgen mitgewirkt. Ergebnisse aus diesen Projekten unterstrichen die Brisanz von Klimafolgen wie Überflutung, Gewässerbelastung oder Trockenheit in Städten, zeigten aber gleichzeitig große Lösungspotenziale im Bereich der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung, etwa durch grüne Maßnahmen, wie begrünte Dächer oder Fassaden, und blaue Maßnahmen, wie Teiche und Kanäle, auf. In der Diskussion mit Expert:innen der RPTU Kaiserslautern-Landau anlässlich der Aqua Urbanica 2019 sahen wir einen großen Bedarf einer Erweiterung der bisherigen Planungs- und Umsetzungspraxis durch neue Forschungsergebnisse. Im Anschluss an die Tagung haben wir diese Bedarfe gemeinsam mit einem wachsenden Konsortium aufgeschrieben und als Antrag auf Förderung beim BMBF eingereicht.

Regenwassermanagement sollte wegen den immer spürbareren Folgen der Klimakrise fester Bestandteil von Planungsprozessen sein. Planungstools sollten aber so gestaltet werden, dass sie sich auf kommunaler Ebene auch gut in bestehende Prozesse einfügen lassen. Dafür braucht es die Beteiligung aller relevanten Akteur:innen. Genau das ist ein wichtiges Vorhaben von AMAREX und anderen Projekten der WaX Maßnahme.

Matthieu Rigal, Technologiestiftung

Matthieu Rigal, Leiter Digital Services Technologiestiftung

Welche Aspekte machen das Projekt aus Eurer Sicht besonders?

Dr. Andreas Matzinger: Neben der Bedeutung der übergeordneten Fragestellung und der Zusammenarbeit mit tollen Partnern freuen wir uns, dass AMAREX durch die geplante Webanwendung die Ergebnisse für Fachleute und Laien gleichermaßen erfahrbar machen soll. Zudem motiviert uns, einfache und auch einfach anwendbare Ansätze, z.B. für den Wasserhaushalt zu entwickeln und kritisch zu prüfen. Sonst rechnen wir üblicherweise eher komplexe Modellketten.

Welche Aufgaben übernehmt ihr im Rahmen des Projektes?

Dr. Andreas Matzinger: Neben unseren fachlichen Hauptaufgaben im Projekt koordinieren wir ein Arbeitspaket und sind für die Gestaltung der Webseite verantwortlich. Unsere Hauptaufmerksamkeit gilt aber dem urbanen Wasserhaushalt. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass der Regen, der in der Stadt fällt, zu großen Teilen über die Gullys abfließt und dafür das Wasser für Versickerung und vor allem die Verdunstung eines Waldes oder einer Wiese fehlt. Diese Verschiebung des lokalen Wasserhaushaltes in versiegelten Städten ist verantwortlich für die angesprochenen Klimafolgen. In AMAREX prüfen wir die Hypothese, dass man die Klimafolgen reduzieren kann, wenn wir die Stadt mittels grün-blauer Infrastruktur quasi wieder zum Wald machen. Da Städte zukünftig klimaresilienter werden müssen,  wollen wir die Abweichung vom Wasserhaushalt eines Waldes als Planungsgröße für dieses Vorhaben anbieten.

Schaubild Verdunstung: Kann die Stadt zum Wald gemacht werden? © KWB

Was sind die größten Herausforderungen im Augenblick – wie geht ihr sie an?

Dr. Andreas Matzinger: Eine für uns völlig neue Herausforderung ist es, Forschungsinhalte bereits während ihrer Entstehung im laufenden Projekt in eine Webanwendung zu überführen. Dafür müssen die Forschenden, zu denen wir uns zählen, früh Klarheit darüber haben, wie die Ergebnisse am Ende aussehen könnten. Umgekehrt brauchen die Webentwickler der TSB sicher eine Extraportion Geduld und Flexibilität: Sie müssen mit ungewohnten Backend-Anwendungen der Forschungsseite umgehen.

Ein weiterer Aspekt des Projektes besteht in der frühzeitigen Einbindung von Stakeholdern im Projekt, um Webanwendungen zu programmieren, die in der Praxis auch genutzt werden. Dabei gehen die offen abgefragten Erwartungen aber weit über unsere  Möglichkeiten im Projekt hinaus. Entsprechend ist das Erwartungsmanagement mit den Stakeholdern, aber auch innerhalb des Projektkonsortiums eine wichtige Herausforderung.

Die größte Herausforderung stellt definitiv der Spagat zwischen den Erwartungen der Stakeholder:innen und den technischen wie organisationalen Möglichkeiten des Projektes dar. Durch regelmäßige Workshops versuchen wir beides zu vereinen: Im ersten Schritt haben wir die Erwartungen auf Basis eines Click-Dummys gesammelt, bald wollen wir die wichtigsten fehlenden Bausteine anhand eines Prototyps herauskristallisieren. Am Ende steht der Feinschliff mit den Stakeholder:innen. Eine weitere Herausforderung ist technischer Natur, da die einzelnen Anwendungen und Modelle in unterschiedlichen Programmiersprachen entwickelt wurden. Wir müssen uns daher nicht nur um ein reines Interface kümmern, sondern auch ein Backend entwickeln, welches diese unterschiedlichen Bausteine bedient und dabei die Verstetigung nicht aus den Augen verliert.

Matthieu Rigal, Technologiestiftung Berlin

Matthieu Rigal, Leiter Digital Services

Amarex ist ein Verbundprojekt. Wie organisiert ihr die Zusammenarbeit im Konsortium?

Dr. Andreas Matzinger: Wir haben das Glück, dass die Zusammenarbeit im Konsortium sehr professionell durch unseren Partner, das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), koordiniert wird. Der Großteil der Aufgaben von KWB und Technologiestiftung findet gemeinsam in einem Arbeitspaket statt. Das finde ich besonders schön, da sich so die Forschungsarbeiten zum Wasserhaushalt am KWB und zu den Maßnahmenpotenzialen bei den Berliner Wasserbetrieben direkt mit der Entwicklung der Webanwendung der Technologiestiftung verzahnen lassen.

Welche Meilensteine warten in den kommenden Wochen und Monaten auf uns?

Dr. Andreas Matzinger: Ein wichtiger gemeinsamer Meilenstein der Technlogiestiftung und des KWB ist sicherlich ein erster Prototyp des Wasserhaushaltsmodells auf einer Weboberfläche bis Mitte dieses Jahres. Daneben arbeiten meine KWB-Kollegen Lukas Guericke und Hauke Sonnenberg intensiv an der Weiterentwicklung und Validierung des Modells auf Grundlage der erwähnten Hypothese. Das mitunter ganz praktisch, in unserem  Pilotgebieten in Berlin-Kreuzberg und in Köln.

Die am Projekt beteiligten Projektpartner:innen in der Übersicht. Mehr Informationen zum Projekt gibt es hier