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Silicon Valley und unsere Zukunft

  • Rubrik Aus der Stiftung
  • Veröffentlichungsdatum 08.09.2015
Frauke Nippel

Letzte Woche hatten Berliner Sparkasse, die Technologiestiftung und der Förderverein der Technologiestiftung ins Max-Liebermann-Haus eingeladen.

Dort stellte Christoph Keese, Executive Vize President bei Axel Springer SE, seine Beobachtungen und Thesen vor, die er bei einem längeren Aufenthalt im Silicon Valley gesammelt hat.

Im Vordergrund standen die Begriffe "Disruption" und "Plattform". Keese erklärte den Begriff der Disruption anhand des Sprungs von der CD zum Streaming und erläuterte das Dilemma, dass sich erfolgreiche Unternehmen nicht selbst angreifen können, weil sie nicht tags für ein Produkt arbeiten können, das sie nachts gedanklich zerstören. Disruptive Entwicklungen gehen deshalb von Branchenfremden aus und verändern die bestehenden Märkte radikal. Außerdem zeigte er die Bedeutung von Plattformen, Orten, an denen Angebot und Nachfrage aufeinanderstoßen, sich aber nicht kennenlernen. Anstelle dessen verbleibt das Wissen über die jeweils andere Seite bei der Plattform,  deren Macht ständig wächst.

Keese schilderte aus eigenem Erleben die kulturellen Unterschiede zwischen Amerika und Europa, die dazu führen, dass diesseits und jenseits des Ozeans sehr unterschiedlich mit Risiken umgegangen wird. Er nannte Zahl und zeigte damit die riesige Kluft zwischen europäischem und amerikanischem Venture Capital-Volumina.

Vor allem aber warnte er davor, die Digitalisierung zu unterschätzen. Beeindruckend  zeigte er, was auf die Automobilindustrie zukommt, wenn das Auto mit seinen Assistenzsystemen immer mehr Daten erfasst und vom Nutzer immer stärker in Fahr- und - beispielsweise über Wegeanfragen - auch in Kaufentscheidungen einbezogen wird. So wird der Computer an Bord die Schaltzentrale, die Entscheidungen entscheidend beeinflusst oder sogar trifft, während die Karosserie zur Hülle degradiert wird. Genauso einleuchtend konnte er auf Nachfrage die Gefahren verdeutlichen, die auf das Bankwesen zukommen werden.

Die Tatsache, dass Keese als Vertreter eines Verlags und damit einer Branche sprach, die die Digitalisierung bereits weigehend hinter sich hat, machte seine Warnungen besonders glaubwürdig und eindrücklich. Gleichzeitig zeigt gerade Axel Springer, das Unternehmen die Digitalisierung erfolgreich bewältigen können.

Wer die Überlegungen nachvollziehen und das Thema vertiefen will, sollte das Buch lesen, das Keese über seinen Aufenthalt im Silicon Valley geschrieben hat (Silicon Valley. Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt). Dort geht er auch noch stärker auf die wirtschaftsordnungspolitischen Folgen der Digitalisierung ein, was sehr interessant ist, bei unserer Veranstaltung aus Zeitgründen aber leider außen vorbleiben musste, und Keese wirbt engagiert für entsprechende Bildungsangebote in den Schule - ein Thema, das auch uns bei der Technologiestiftung auf den Nägeln brennt. 

Wer öfter spannende Anregungen und gute Gespräche sucht, sollte dem Förderverein der Technologiestiftung beitreten, der den Abend initiiert und möglich gemacht hat.