Recap: What the Hacking Box can do
Seit März 2018 verleihen wir die Hacking Box an TechUnite e.V. (vorher TechEnergy for Africa e.V.) für den Austausch mit geflüchteten Menschen, die sich in Berlin auf Ausbildung, Studium oder Berufseinstieg vorbereiten. Sie entwickeln technische Konzepte, um die zerstörten Städte und Dörfer in ihrer Heimat wieder aufzubauen. Ich besuchte die Integrationsklasse zum Pitch ihrer Projekte an der HTW Berlin unter der Leitung von Dr. Beatrice Moreno. Dort konnte ich beobachten, welchen Effekt Technik bei der Integration entfaltet.
Gesucht: Lösungen, die zur Situation vor Ort passen
Ich werde sehr herzlich aufgenommen und setze mich nach kurzer Vorstellung direkt mit auf die Schulbank. Anhand einer bereits entwickelten App für Survivor zeigt Beatrice Moreno, wie ein solches Entwicklerprojekt entstehen kann und gutes Digital Storytelling funktioniert. Dabei spricht sie insbesondere die emotionale Ebene bei den zukünftigen Macher*innen an, denn das Interesse an technischen Zusammenhängen ist aufgrund einer Ausbildung im Heimatland meist schon vorhanden. Ob Geologie, Biologie oder Wirtschaftsinformatik: Erst wenn sich das Herz öffnet, kann es mit dem Entwickeln losgehen. Und ganz wichtig dabei: Ziel sind syrische Lösungen für Syrien – aber natürlich gelten internationale Regeln für die Teamarbeit und die Entwicklung der Projekte.
Eine erste Herausforderung ist, dass in den Gruppen natürlich auch Frauen arbeiten sollen. Die Akzeptanz ist extrem wichtig (auch für die Leistungsfähigkeit des Teams) und Voraussetzung für einen Startschuss. Dann kann es ja jetzt endlich losgehen, oder? Klar, aber so einfach ist es dann doch nicht: In Syrien gab es größtenteils Frontalunterricht, deshalb will die Gruppenarbeit erst einmal gelernt sein. Beim Etablieren neuer Fähigkeiten ist vor allem Wiederholung wichtig – deshalb sind die Teams erst nach etwa vier Sessions richtig eingespielt.
Bereits zu Beginn schreibt jedes Entwickler*innenteam sein eigenes „Dramaturgiebuch des Softwareentwicklers“, in dem ganz klar Projektziele und Outcome definiert werden. Danach geht es direkt in die praktische Erprobungsphase. Mit was wird da genau gearbeitet? Mit unserer Hacking Box natürlich!
Unsere Hacking Box bricht das Eis
Mit Controller & Co haben die meisten zum ersten Mal etwas Haptisches im Unterricht in der Hand. Der Icebreaker Hacking Box sei dann praktisch so etwas wie Weihnachten, sagt Beatrice Moreno, und liefert dringend benötigte Erlebnisse für die Teilnehmer*innen; darüber hinaus: Kenntnisse über neue Technologien, die die Teilnehmer*innen aufgrund der Kriegssituation nicht erlernen konnten, welche aber fundamental für eine Beteiligung am Wiederaufbau sind. Anknüpfungspunkte dahingehend wären etwa der Zugang zu Wasser oder der Neuaufbau der Infrastruktur. Insbesondere die Sensoren der Hacking Box bieten hier einen sehr guten Einstieg in die Thematik.
Die Box wurde nach dem Beschnuppern in zwei intensiven Design-Thinking Workshops eingesetzt und hilft den Teams bei der technischen Weiterentwicklung ihrer Projekte und finalen Aufstellung der benötigten Hardware.
Überzeugen, mitnehmen, begeistern
Fast forward: In Session 6, am Tag meines Besuchs, findet dann der finale Projektpitch statt. Vor der Präsentation formuliert Beatrice Moreno noch einmal als wichtiges Learning und Motivation für die Teilnehmer*innen: Selbstbewusst und von der Idee überzeugt auftreten, die anderen mitnehmen und begeistern! Auch das muss zum Teil wieder neu erlernt werden, in einem Umfeld, das einem die Freiheit bietet, fast alles zu lernen & umzusetzen, was man möchte. Was entwickelt man mit dieser Perspektive und als Macher *inmit kultureller Kompetenz für das Heimatland?
Aleppo als Smart City wiederaufbauen
Die Gruppe SMART ALEPPO etwa beschäftigt sich mit technischen Lösungen, die beim Wiederaufbau der gleichnamigen zerstörten Stadt helfen könnten. Wie kann der historische Stadtkern erhalten bleiben und dennoch die Infrastruktur angepasst werden? Und wie kann die alte Straßenbahnlinie in das neue Vorhaben integriert werden? Inzwischen hat sich daraus sogar eine Initiativgruppe entwickelt. Weitere Informationen: smart.aleppo@techunite.de
Syrische BVG
Die nächste Gruppe, welche bis dato noch nach einem Projektnamen sucht, will gern die BVG nach Syrien bringen. Dort gibt es nämlich noch keine festen Haltestellen und der Bus kommt praktisch, wann er möchte. Vorab Ticket kaufen? Geht nicht! Eine App wäre schon mal nicht schlecht, aber welche Maßnahmen könnten noch helfen? Aus persönlichen Beweggründen eines Gruppenmitglieds kommt dann noch die Idee, einen zusätzlichen Service zu integrieren, der Patient*inneen zu regelmäßigen Terminen (z.B. zur Dialyse) in die Klinik fährt.
Internet für Afganistans Schulen
Schließlich geht es bei der nächsten Gruppe „Raum zum Lernen“ um die Modernisierung des Schulsystems in Afghanistan. Zu meiner Überraschung fallen dort eigentlich auch viele Schlagwörter, mit welchen wir uns gerade auch in Deutschland im Rahmen von (zeitgemäßer) Bildung beschäftigen: Internetverbindung für jede Schule und Schulcloud, um nur zwei zu nennen. Hier kann man also durchaus voneinander lernen, um neue Wege zu gehen.
Ich bin gespannt, wie es mit den Projekten weitergeht!
Erfolgreicher Berufseinstieg nach Prototyping mit der Hacking Box
Zum Abschluss verrät mir Beatrice Moreno noch, dass außerdem fünf Teilnehmer*innen durch das Prototyping mit der Hacking Box bereits den Berufseinstieg in Deutschland geschafft haben. Na, wenn das keine Motivation ist!
Werde IT-Mentor! Falls du Lust bekommen hast, die Integrationsklassen auf ihrem Weg mit deinem technischen Know-how zu unterstützen, melde dich unter: communication[at]techunite.de
Beatrice Moreno ist Entwicklerin und Ärztin aus Leidenschaft. Bei TechUnite e.V. leitet sie das das Forschungs-Zentrum Berlin Mitte und die IT-Labs international. Weitere Informationen zu laufenden Projekten: https://www.techunite.de/
Hacking Box
Individuell zusammenstellbare Hardwareboxen für Schulprojekte, Workshops, Seminare, Hackathons & Co zum Ausleihen und Anwenden.