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Smart City & Wissenschaft: Wie kommt die Forschung in den Kiez?

Was braucht es, damit eine Stadt smart wird? Eine Strategie, viele Initiativen, engagierte Unternehmen - und Projekte im Kiez. Ein Beispiel ist das Projekt "Smart Sustainable District - Green Moabit". Ich habe Projektleiterin Nadine Kuhla von Bergmann eingeladen, über ihr Projekt in unserem Blog zu berichten. 

Digitalisierung in Bestandsquartieren – Smart Citizen als neue Bürgerkultur im Kiez

Von Nadine Kuhla von Bergmann

Moabit West ist ein ca. 133 ha großes Quartier im Bezirk Mitte von Berlin, und mit seinem eingerahmt industriellen Charakter und einem Migrantenanteil von über 30% eher ein Problemkiez als ein Vorzeigequartier. Also bestimmt kein einfacher Ort für einen Smart City Entwicklungsprozess. Warum hat das Europäische angewandte Forschungsprojekt "Smart Sustainable District (SSD)" das Quartier trotzdem 2015 als Pilot in das Projektportfolio aufgenommen?

Das Potential für eine Europäische Blaupause fand sich in zwei Voraussetzungen. Erstens: Das nachhaltige Stadtteilentwicklungskonzept "Green Moabit" lag in der Schublade und wartete auf seine Umsetzung. Zweitens: Die bereits langjährig gewachsenen und im Austausch stehenden Akteursnetzwerke boten einen hervorragenden Nährboden für integrierte Planungsprozesse auf der Grundlage digitaler Instrumentarien (z.B. kollaborative Online-Plattform & E-Partizipationswerkzeuge). Nach drei intensiven Workshop-Verfahren mit mehr als 20 Partnern, 130 lokalen und Europäischen Vertretern sowie Experten aus dem Forschungsnetzwerk aus Utrecht, London und Paris konnten im Schulterschluss Ansätze für smarte Quartiersbausteine entwickelt werden, die von hoher Akzeptanz geprägt sind. Die Besonderheit der Lösungen liegt in der Bündelung von Maßnahmen an physischen Knotenpunkten im Quartier (z.B. "Smart Street Sickingenstraße" oder "Smarter Schulcampus") und in der Bündelung der Daten aller beteiligter Sektoren in einer integrierten Datenbank, dem "District Data Atlas". Die Umsetzungsbemühungen werden seit Februar 2017 durch das KFW Management Konsortium weiter geführt und enger an das Bezirksamt in Mitte angesiedelt. Besonderes Augenmerk verdient das "Smart Citizen Network Board (SCNB)", das als Steuerungsgremium aus 12 verschiedenen Vertretern der Bezirksverwaltung, der Senatsverwaltung, dem Quartiersmanagement, der Unternehmerschaft und der planenden Ingenieure zusammengesetzt ist und die smarten Anwendungsprojekte weiterführen wird. Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg ist die Aktivierung der Bürger, das Engagement der Smart Citizen, die sich für ihr Quartier einsetzten. Es liegt nun an den Planern und der Verwaltung, digitale und analoge Werkzeuge bereit zu stellen, die eine Schnittstelle zwischen Kommunen, Bürgerschaft und Ver- und Entsorgern ermöglichen und Teilhabe und Transparenz fördern. Es gilt zu beweisen: Wie kann die neue Bürgerkultur des "Smart Citizen" zum Vorteil aller Stadtbewohner genutzt werden? Berlin's Kieze bieten dafür den besten Nährboden.

Soweit Nadine Kuhla von Bergmann.

Bleiben die Fragen: Wie kommt die Forschung auf die Straße, der Prototyp in die Fläche? Wie kommt der Demo-Kiez in den öffentlichen Straßenraum? Vielleicht, indem es die vielen engagierten Akteure einfach tun und die vielen Demonstrationsflächen zusammen über sich hinaus wachsen. Doch was passiert, wenn Förderungen auslaufen, Projektleiter weiterziehen, also nach Projektablauf? Es bleibt zu hoffen, dass sie in guten Händen in einen Regelbetrieb überführt werden.

Über die Autorin: Nadine Kuhla von Bergmann leitet das Projekt “Smart Sustainable District – Green Moabit” seit 2015 und ist seit 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet für Stadtplanung und nachhaltige Stadtentwicklung der TU Berlin (CHORA Conscious). Sie ist freiberufliche Beraterin und Dozentin und unterstützt z.B. das Bildungsprojekt “Klimamacher Berlin” in Kooperation mit dem INFRALAB Berlin. Kontakt

Über das Projekt: Das Forschungsprojekt Smart Sustainable District (SSD) ist das Ergebnis einer langen Vorgeschichte und zeigt einmal mehr: Smart wird die Stadt nicht über Nacht.
Seit 1999 läuft ein engagierter Prozess mit einem Quartiersmanagement, gefolgt von Stadtumbau-Projekten, der Gründung eines Unternehmensnetzwerkes und Stadtentwicklungskonzepten. Da ist es naheliegend, hier auf diese Entwicklungen aufzusetzen, mit einem Projekt zur Entwicklung eines smarten und nachhaltigen Quartiers. Es wird mit europäischen Mitteln (Climate-KIC) gefördert und zielt auf die Umsetzung integrierter und städtischer Lösungen im Quartier. Hier sollen städtische Lebensräume mit hoher Qualität entwickelt werden, die den zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels gewachsen sind. Zahlreiche Experten aus Privatwirtschaft, öffentlichem Sektor, Wissenschaft und Forschung sind dabei, die bereits vorhandenen Aktivitäten und Initiativen des Bezirks zu bündeln und in eine nachhaltige und smarte Zukunft zu führen.