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Wem gehört der Weltraum?

  • Veröffentlichungsdatum 17.12.2018
Annette Kleffel

„Ich möchte, dass Raumfahrt langweilig wird, und zwar so langweilig wie Bus fahren“ – so der Traum von Robert Böhme. Und Tom Segert will mit hunderten von Kleinsatelliten, die in seiner Fabrik in Indien zukünftig hergestellt werden, die Großen der Branche das Fürchten lehren.

  • Treffpunkt WissensWerte - Wem gehört der Weltraum? - Bühne des gigantischen Planetariums mit Teilnehmern der Diskussion
    Foto: Erik Reinholz-Ruthenberg
  • Treffpunkt WissensWerte - Wem gehört der Weltraum? - Teilnehmer in der Diskussion hinter Stehtischen als Nahaufnahme
    "Wem gehört der Weltraum?" vom 03. Dezember 2018, Zeiss-Großplanetarium

Robert Böhme ist CEO der Berliner Weltraumfirma PTScientists mit der einmaligen Geschäftsadresse an der Allee der Kosmonauten in Berlin-Marzahn. Er entwickelt mit seinen Mitarbeiter*innen Mondfahrzeuge und Raumtransporter. Mit der „Mission to the Moon“ will er im kommenden Jahr mit seinem Mondrover auf dem Erdtrabanten landen. Und das nicht irgendwo an einem neuen Landeplatz sondern er will „zum allerersten Mal in der Geschichte der Raumfahrt zu einer Apollo-Landestelle zurückkehren.“ Das sei interessant für die Wissenschaft, denn so kann erstmals überprüft werden, in welchem Zustand die Landekapsel ist und ob sie verstaubt ist. Wichtig für den Einsatz von Solarpanels zukünftiger Missionen. 

Die „Mission to the Moon“ soll erst der Auftakt werden, denn Böhmes PTScientists sind konkurrenzlos preiswert – und damit als Partner interessant auch für die europäische Raumfahrtagentur ESA. „Wir versuchen Raumfahrt so sinnvoll wie möglich zu machen und erfinden nicht immer das Rad neu“. Dazu gehört die Verwendung bewährter Teile, Abläufe und Techniken. Die machen Missionen von Mal zu Mal einfacher. Beispielsweise wollen sie bei ihrer Mondmission einen konventionellen LTE-Funkmast setzen, der Kommunikation per Handy auf dem Mond ermöglichen soll. 

Auch Tom Segert, CEO und Gründer von Berlin Space Technologies in Adlershof setzt auf dieses Konzept. Die von ihm entwickelten Kleinsatelliten kosten nur einen Bruchteil der Satelliten der großen Anbieter. Sie haben bereits zwei Erderkundungs-Satelliten für Singapur gebaut, „da ist einer schon im All, der zweite wartet noch“, sagt Segert. „Und mittlerweile haben wir auf 50 Satelliten im Weltraum unsere Geräte.“ Standardisierung ist das Geheimnis der Adlershofer dahinter. Wird nicht nur ein Satellit sondern hunderte gebaut, sinken die Preise, da sich hohe Entwicklungskosten auf eine große Stückzahl verteilen. So wie im Automobilbau vor gut hundert Jahren mit der Fließbandproduktion eines Henry Fords die Kosten des einzelnen Autos gesenkt werden konnten, so werden auch die Kosten für die einzelnen Satelliten, die in Tom Segerts indischer Satellitenfabrik gebaut werden, deutlich sinken.

Woher stammt die Raumfahrtbegeisterung der beiden? Gute, alte Science Fiction – als Buch oder Film war für beide prägend. Filme „wo man eine positive Zukunftsvision der Menschheit sieht, wo Technologie uns als Menschheit weiter bringt“, begeisterten vor knapp 20 Jahren Robert Böhme. Und den Enddreißiger Tom Segert faszinierten Autoren wie Stanislaw Lem oder Jules Verne so sehr, dass „ich mich beim Fasching als Kosmonaut ausgegeben habe mit einem in Alufolie verpackten Helm.“ Segert studierte an der TU Raumfahrttechnik und gründete später dann seine Firma Berlin Space Technologies. Doch von der Gründung 2003 bis zum ersten Angestellten 2013 war das „eher so eine Batman Nacht- und Wochenendarbeit“, blickt Tom Segert auf diese Jahre zurück. Robert Böhme dagegen wurde IT-Sicherheitsexperte, zuständig u.a. für die Handys von Angela Merkel. Es war eigentlich einer Bierlaune geschuldet, dass er sich mit Freunden am Google-Wettbewerb zur Entwicklung eines Mondrovers beteiligte. Und sie waren als Teilzeitwissenschaftler, als Part Time Scientists, erfolgreich, ihre Idee wurde mit über 700.000 Euro gefördert, die Geburtsstunde der Firma PTScientists. 

Aber wie wird man erfolgreicher Raumfahrtunternehmer? Die Antwort von Robert Böhme und Tom Segert ist einfach und gleichlautend: „Immer am Ball bleiben und niemals aufgeben.“

Treffpunkt WissensWerte Ausschnitt der Schriftzugs

Auf dem Podium waren:

Robert Böhme
PTScientists

Tom Segert
Berlin Space Technologies

Treffpunkt WissensWerte ist eine Reihe der Technologiestiftung Berlin und Inforadio (rbb). Die Sendung der 98. Veranstaltung, die am 03. Dezember 2018 im Zeiss-Großplanetarium stattgefunden hat, kann hier nachgehört werden.

Ein Blogbeitrag von Thomas Prinzler, Wissenschaftsredakteur bei Inforadio (rbb).