5 Fragen zu Machine Learning
Kein Tag vergeht an dem nicht über ChatGPT oder andere neue Künstliche Intelligenzen diskutiert wird. Immer deutlicher zeichnet sich ab: 2023 könnte zum Jahr der großen KI-Revolution werden. Doch welche Chancen und Risiken stecken im sogenannten Machine Learning? Und wo wird es ganz praktisch unseren Alltag bereichern? Wir haben Reni Amalia Safitri von der Technischen Universität Berlin fünf entscheidende Fragen gestellt.
Wie erklärst Du jemandem, der davon zum allerersten Mal in seinem Leben hört, was sich hinter dem Begriff „Machine Learning“ versteckt?
Reni Amalia Safitri: Ich glaube jeder hat bestimmt schon mal von künstlicher Intelligenz (KI) gehört, besonders nachdem ChatGPT in den Medien so berühmt geworden ist. Machine Learning (ML) ist nichts anderes als ein Teilgebiet der KI. Es ist ein Lernprozess, der den Maschinen oder Computersystemen hilft, etwas zu tun, ohne explizit programmiert zu werden, sondern aus eigener Erfahrung. Genauer gesagt kann sich das System also mit Hilfe von ML im Laufe der Zeit automatisch verbessern. Es kann immer genauere Vorhersagen mit Hilfe der gelernten Daten treffen. Als Beispiel: Ich kann etwa Personen anhand der Stimme unterscheiden, nicht weil irgendjemand uns explizit gesagt hat, dass diese Person diese Stimme hat. Aber ich habe das nebenbei im Umgang mit den Personen erlernt. Genau das kann auch Machine Learning.
Was macht das Thema für Dich so relevant?
Reni Amalia Safitri: Ich bin eine Nachzüglerin. Als ich noch in der Grundschule war, konnten meine älteren Geschwister schon Auto fahren. Für sie war es ein großer Spaß, dass ich die Einzige war, die noch kein Auto fahren konnte. Darauf habe ich dann immer geantwortet: „Egal, dann mache ich halt ein Auto, das mich fährt“. Selbstfahrende Autos waren damals Träumereien. Heute weiß ich, dass sie durch KI Wirklichkeit werden könnten. Vielleicht kann ich ja irgendwann Teil dieser Entwicklung sein.
Es ist sogar in einigen Fällen effizienter, einen automatisierten Prozess dem Algorithmus zu überlassen, weil manchmal der Mensch solche Aufgabe einfach nicht mit der Geschwindigkeit in demselben Umfang erledigen könnte.
In der großen aktuellen Diskussion rund um künstliche Intelligenzen: Worin liegt für Dich das Potential oder die Besonderheit von Machine Learning?
Reni Amalia Safitri: Durch die riesige Menge an Informationen und Daten werden die lernenden Systeme mit der Zeit immer besser. Es ist sogar in einigen Fällen effizienter, einen automatisierten Prozess dem Algorithmus zu überlassen, weil manchmal der Mensch solche Aufgabe einfach nicht mit der Geschwindigkeit in demselben Umfang erledigen könnte. Durch Datenanalyse ist es für die Industrie möglich, effizienter zu werden und ihr Geschäft profitabler zu machen. Auch Anomaliedetektion, also das automatisierte Aufspüren von Abweichungen z.B. im industriellen Kontext, spielt hier eine große Rolle für die Sicherheit von Anlagen oder die Qualität einer Produktion.
Wie könnten diese lernenden Maschinen helfen, unsere Städte in Zukunft smarter zu machen?
Reni Amalia Safitri: Allgemein können wir sie in vielen Bereichen einsetzen, um bessere Lebensbedingungen zu haben. Ein Beispiel ist die Verwaltung des Verkehrssystems. Eine mögliche Anwendung sind adaptive Ampelschaltungen, die sich basierend auf Echtzeitdaten anpassen, um so Verkehrsstaus zu reduzieren. Das eignet sich auch gut für die Kontrolle des Verkehrs bei einem Einsatz von Rettungsfahrzeugen, so dass die schneller und sicherer ans Ziel kommen können. Ein weiteres Beispiel ist die Steuerung unserer Energienetze. Mit einem Smart-Grid kann die Verteilung und die Nutzung der elektrischen Energie effizienter werden. Ein letztes Beispiel ist audiobasierte Überwachung, durch die, sofern die Privatssphäre des Einzelnen geschützt bleibt, die öffentliche Sicherheit verbessert werden kann, indem Schüsse und andere Gefahren erkannt werden können. Außerdem kann auch die Lärmverschmutzung dadurch vermindert werden. Tatsächlich ermöglichen lernende Maschinen eine Smart City erst.
Welche große Herausforderung siehst Du in Zukunft bei der künstlichen Intelligenz?
Reni Amalia Safitri: Die größte Herausforderung im Bereich KI sehe ich im Aspekt der Erklärbarkeit. Da das KI-System normalerweise als Black-Box betrachtet wird, weiß niemand so genau, was da passiert ist und warum das System solche Vorhersage getroffen hat. Außerdem ist es schwierig zu sagen, wann das System vertraulich oder fehlerhaft ist, und falls das System fehlerhaft ist, wie kann man das korrigieren? Stellen wir uns mal vor, die Stadtreinigung hätte einen sehr intelligenten Roboter, der Müll in den Parks einsammeln sollte. Was wenn die Maschine zum Beispiel ein gläsernes Kunstwerk im öffentlichen Raum mit Glasmüll verwechselt und entsorgt? Solche Fehler können dann vermieden werden, wenn man eine transparente und erklärbare Übersicht über das System hat. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was explainable artificial intelligence (XAI) uns in Zukunft bringt.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, zwischen Fälschung und Original zu unterscheiden. Mit Deepfakes kann man z.B. schnell gefälschte Bilder erstellen und verbreiten. Wenn man es nicht genau betrachtet, ist es sehr schwierig festzustellen, dass es ein Fake ist. Zum Beispiel gab es neulich das Bild von Papst Franziskus in einer weißen Daunenjacke. Am Ende stellte sich aber raus, dass das Bild künstlich erzeugt wurde.
Kurzvita Reni Amalia Safitri:
Reni ist eine Masterstudentin in Elektrotechnik mit der Vertiefungsrichtung Kommunikationssysteme an der TU Berlin. Gleichzeitig ist sie hauptberuflich Softwareentwicklerin für ein mittelständisches Unternehmen im Bereich Automatisierung und Computertechnik, hier im Team Energiewirtschaft. Zu Beginn ihrer Tätigkeit unterstützte Reni dort ein Forschungsprojekt über Anomaliendetektion für Energieinfrastrukturen. Dieses Projekt war ihr erster praktischer Berührungspunkt mit Machine Learning und es weckte ihr großes Interesse, weshalb sie sich in das Thema vertiefte. Im Fachgebiet Nachrichtenübertragung an der TU Berlin, organisierte Reni in Betreuung von Sara Reichert eine offene Werkstatt zu sogenannten TinyML – Machine Learning auf winzigen Mikrocontrollern – bei der Technologiestiftung Berlin.