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Forum Wissenswerte: Wir sind nicht allein - Die Suche nach Leben auf Exoplaneten

  • Veröffentlichungsdatum 28.02.2023
Michael Scherer

Der Blick schweift über den Sternenhimmel und schon taucht da diese Frage auf: „Gibt es Leben da draußen?“ Der Gedanke beflügelt nicht nur die Fantasie von Science-Fiction-Autor:innen, sondern ist auch Forschungsgegenstand von Astronom:innen, Astrophysiker:innen und Astrobiolog:innen. Etwa 5.000 Exoplaneten konnten schon ausfindig gemacht werden. Bei der Untersuchung von ihren Eigenschaften werden nicht zuletzt durch das Weltraumteleskop James Webb Fortschritte erzielt. Auch Berliner Wissenschaftler:innen wollen herausfinden, ob die Planeten bewohnbar sind.

Bei der Frage, ob ein Planet bewohnbar ist oder nicht, geht man erst einmal von der Erde aus. So beschreibt Prof. Dr. Heike Rauer die Suche nach Exoplaneten, auf denen Leben möglich sein könnte. Rauer ist Direktorin des Instituts für Planetenforschung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Professorin für Planetare Geophysik (FU Berlin) erklärt, dass wesentliche Merkmale der Erde ausschlaggebend seien: „Die Biologen sagen uns, das Leben ist im Wasser entstanden. Also suchen wir erst mal nach einem Planeten, der eine feste Oberfläche hat. Das heißt, der eine mittlere Dichte hat so wie die Erde, etwa so groß ist wie die Erde, so schwer ist wie die Erde, der eine Atmosphäre hat so ähnlich wie die Erde und wo flüssiges Wasser sein könnte.“ Ohne diese Eigenschaften sei die Chance von Leben auf einem Exoplaneten extrem klein. „Jedenfalls können wir es uns heute nicht vorstellen.“ Zwar seien etwa 5000 Exoplaneten bekannt. Bisher kenne man aber keinen Gesteinsplaneten, der im richtigen Abstand um einen Stern kreist, der vergleichbar zu unserer Sonne wäre und flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche hat.

Künstlerische Darstellung von 51 Pegasi b, einem Exoplaneten, der den sonnenähnlichen Stern Helvetios (51 Pegasi) im Sternbild Pegasus umkreist. Quelle: ESO/M. Kornmesser/Nick Risinger (skysurvey.org) CC BY 4.0, Link

Auf der Suche mit Radialgeschwindigkeits- und Transitmethode

Um Exoplaneten zu entdecken, habe sich inzwischen eine Reihe von Methoden etabliert, erklärt Prof. Dr. Katja Poppenhäger vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Sie leitet die Abteilung Sternphysik und Exoplaneten. Zwei Methoden hätten sich bei der Planetensuche als besonders erfolgreich erwiesen: „Historisch gesehen wurde der erste Exoplanet, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist, mit der sogenannten Doppler-Methode, der Radialgeschwindigkeitsmethode, entdeckt“, so die Professorin. Der Stern, der von einem Planeten umgeben ist, stehe nicht einfach in der Mitte. Sie vergleicht die Bewegung des Sterns mit der eines Menschen, der sein Kind im Kreis dreht und sich dabei selbst etwas zurücklehnen muss, um nicht umzufallen. Auch ein Stern würde sich ähnlich mitbewegen. „Wenn ich ein Objekt habe, das sich bewegt und gleichzeitig […] Lichtwellen aussendet, dann bekommen wir einen sogenannten Doppler-Effekt.“ Durch die Bewegung des Sterns verschiebt sich der messbare Wellenlängenbereich des Lichtes zwischen rot und blau. Diese Bewegung lässt den Rückschluss auf einen Planeten zu. „Und so hat man 51 Pegasi b, den ersten heißen Jupiter, entdeckt“, so Katja Poppenhäger. Für die heutige Forschung sei die sogenannte Transitmethode noch ausschlaggebender. Zwar sei ein Planet, der vor einem Stern entlanglaufe, zunächst nicht sichtbar. „Aber was ich sehen kann, ist die Helligkeit des Sterns, der sich für mich als ein Lichtpunkt darstellt. Und dann zieht da ein Planet drüber und blockiert einen Teil des Lichts (…). Und diese Verdunklung kann ich eben messen.“

Die Unterscheidung zwischen Glauben und Wissenschaft

Über die Frage, ob es weiteres Leben im Universum gibt, spricht Stefan Gotthold mit jeder Schulklasse, die in die Archenhold-Sternwarte kommt. Er leitet die größte und älteste Volkssternwarte Deutschlands und will mit den Schülerinnen und Schülern den Unterschied zwischen Glauben und Wissenschaft herausarbeiten. „Es geht darum, was wir wissen und warum die Wissenschaft glaubt, dass es Leben außerhalb der Erde gibt. […] Wissen tun wir es nur von einem einzigen Planeten. Wir haben noch keinen anderen gefunden. Zahlenmäßig glauben wir aber dran. Wenn jede Sonne in der Milchstraße bei 200 Milliarden Sonnen mindesten einen Planeten besitzt, können wir sehr gut hochrechnen.“ Die mathematische Gleichung des US-Astrophysikers Frank Drake könne dabei helfen, die Wahrscheinlichkeit von Leben auf Exoplaneten auszurechnen. „Mit einer Billion Galaxien im Universum, mit zig Milliarden Sternen ist die Wahrscheinlichkeit schon sehr hoch. Irgendwo muss Leben noch entstanden sein.“

„Mit einer Billion Galaxien im Universum, mit zig Milliarden Sternen ist die Wahrscheinlichkeit schon sehr hoch. Irgendwo muss Leben noch entstanden sein.“

Ein wesentlicher Indikator für Leben auf einem Planeten ist ein hoher Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre, erläutert Heike Rauer. „Auch auf dem Mars und der Venus findet man kleine Spuren von Sauerstoff. Aber wir haben 20 Prozent Sauerstoff in der Atmosphäre. Das wäre ohne Leben nicht da. Wenn Sie das Leben völlig auslöschen, würde der Sauerstoffgehalt sehr schnell zurückgehen“, so die Forscherin. Dabei lassen sich auch von der Erde aus Rückschlüsse über die Atmosphäre fremder Planeten ziehen. „Wenn wir einen Exoplaneten-Transit beobachten, dann leuchtet der Stern durch die Atmosphäre hindurch. Und wenn in dieser Atmosphäre dann bestimmte Gase sind, […] produzieren sie eine Absorption. Die verschlucken Licht bei bestimmten Wellenlängen, also bei bestimmten Farben“, beschreibt Katja Poppenhäger das Vorgehen. Dabei kann nun auch das James-Webb-Weltraumteleskop helfen, da es mit Infrarot-Instrumenten ausgestattet ist. Damit, so Poppenhäger, ließen sich bestimmte Signaturen von Gasen detektieren.

Künstlerische Darstellung vom Exoplaneten Trappist-1 e. Er befindet sich etwa 40 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Wassermann. Quelle: NASA/JPL-Caltech, CC0 via Wikimedia Commons Link

Lieblingsplanetensystem Trappist-1 nur 40 Lichtjahre entfernt

Ein wesentlicher Faktor auf der Suche nach Exoplaneten ist auch die räumliche und zeitliche Distanz. Hunderte, zum Teil auch Tausende Lichtjahre liegen zwischen uns und den Planeten. „Wenn wir […] irgendwann mal sagen könnten, da wäre Leben, dann haben wir Leben in tausend Lichtjahren Entfernung entdeckt – also Leben, wie es vor tausend Jahren auf diesem Planeten war“, so der Leiter der Archenhold-Sternwarte Stefan Gotthold. Hier sei ein Vergleich mit unserer Menschheitsgeschichte aufschlussreich. Wir Menschen hätten es allein innerhalb der letzten 100 Jahre geschafft, unseren Planeten maßgeblich zu schädigen.

Ein Exoplanet, den Gotthold als Lieblingsplaneten bezeichnet, ist Trappist-1e. Der sei „nur“ 40 Lichtjahre entfernt. Die Reisezeit betrage aber trotzdem etwa eine Million Jahre mit einer Rakete. Auch die Astrophysikerin Katja Poppenhäger sieht in ihm ein spannendes Exemplar. Allerdings kreise Trappist-1e um einen wesentlich kühleren Stern als unsere Sonne, auf dem es häufig zu sogenannten Flares komme. Dabei handelt es sich um riesige Explosionen. Aus Sicht von Katja Poppenhäger sei es gut vorstellbar, dass durch solche Ausbrüche Teile einer planetaren Atmosphäre einfach weggerissen werden. Auch bei der Forscherin Heike Rauer steht Trappist-1e hoch im Kurs, „weil es eben ein System mit sieben Planeten ist und davon sind drei wahrscheinlich in dieser habitablen Zone.“ Wenn die Planeten eine Atmosphäre hätten, könnte es sein, dass die Temperaturen moderat sind und Wasser auf der Oberfläche existiere, so die Direktorin des Instituts für Planetenforschung beim DLR.

Mit Satellit Plato zu mehr Genauigkeit

2026 plant die Europäische Weltraumorganisation ESA, die Raumsonde Plato ins All zu schicken. Der Satellit wird mit einem Teleskop ausgerüstet sein, das aus 26 Spezialkameras besteht. Plato werde mit der bereits erwähnten Transitmethode den Radius von Planeten bestimmen, erklärt Heike Rauer. Außerdem könne die Pulsation von Sternen gemessen und die gewonnen Daten genutzt werden, um das Alter von Sternen zu bestimmen. Dieser Ansatz zähle zur sogenannten Asteroseismologie. Auch die Doppler-Methode komme zum Einsatz, um anschließend die Masse der Planeten zu bestimmen. Die Messungen werden wesentlich genauer sein als bei früheren Missionen. Heike Rauer leitet das internationale Konsortium für den Bau und den Betrieb und ist zuversichtlich, dass die Raumsonde pünktlich fertig wird. „Teile der Kameras, die tatsächlich fliegen sollen, werden jetzt gebaut. Und dieses Jahr sollen die ersten drei von 26 Flug tatsächlich komplett fertig werden“, so die Professorin für Planetenphysik. Zunächst werden Vorläufermodelle sämtlichen Belastungstests unterzogen. Erst wenn man wisse, dass alles in Ordnung ist, werden die Flugmodelle gebaut. „Wenn das alles fertig ist, dann ist Plato die größte Digitalkamera, die jemals ins All geflogen wird“, beschreibt die Wissenschaftlerin die Superlative der ESA-Mission. Durch Plato werde es möglich sein, sensible Messungen durchzuführen, die nicht durch die Atmosphäre der Erde verzerrt werden, beschreibt Katja Poppenhäger vom AIP die Vorzüge der Sonde.

Das Bauchgefühl der Forscherin sagt, dass innerhalb der nächsten 20 Jahre ein Exoplanet gefunden wird, wo ein solches chemisches Ungleichgewicht in der Atmosphäre herrscht, dass nur durch Lebensprozesse auf der Oberfläche erklärt werden könne. „Die Wette würde ich eingehen“, so die Professorin Katja Poppenhäger.

 

Das Forum Wissenswerte ist eine gemeinsame Veranstaltung der Technologiestiftung Berlin und rbb24 Inforadio. Die Sendung Forum Wissenswerte finden Sie zum Nachhören im rbb24 Inforadio und in der ARD Audiothek.

Bericht: Lena Petersen

 

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