Blog
  • Thema Neue Technologien

3x nachgehakt: Franziska Weindauer, TÜV AI.Lab

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 05.12.2023
Anna Hantelmann

Wir stellen drei Fragen an Digital-Praktiker:innen, deren Themen uns bewegen. Dieses Mal an Franziska Weindauer, die uns als Geschäftsführerin beim TÜV AI.Lab verrät, was Dampfkessel und KI gemeinsam haben – und warum sie sich mehr offene Daten wünscht.

Eine Frau im Blazer und mit roten Lippenstift lacht in die Kamera.

Sicherheit und TÜV passen offensichtlich zusammen – die Verbindung zu künstlicher Intelligenz ist neu. Anders gefragt: Was ändert sich mit KI aktuell und welche Fragestellungen beschäftigt das TÜV AI.Lab?

Gerade erleben wir den iPhone-Moment: KI wird – wie damals die Smartphone-Technologie – auf einmal für alle sichtbar, durch generative KI wie ChatGPT. Deutlich häufiger ist KI aber keine alleinstehende Anwendung, sondern eine zusätzliche Komponente, etwa im Auto oder bei Medizinprodukten. Die Produkte werden schon geprüft und zertifiziert, aber was macht das mit den Prüfprozessen und Kriterien, wenn die KI dazukommt? Das ist eine der Fragen, die uns im TÜV AI.Lab beschäftigt.

Der TÜV prüft seit 150 Jahren, angefangen mit dem Dampfkessel. Damals hat man sich auf Industrie-Seite zusammengetan, um sicherzustellen, dass das Produkt nicht explodiert. Genau das bewegt uns auch beim Thema künstliche Intelligenz: Im TÜV AI.Lab geht es um die Umsetzung regulatorischer und gesellschaftlicher Anforderungen in die Praxis. Die Umsetzung des EU AI Acts wird sehr komplex, daher ist es umso wichtiger den Markt zeitnah auf die Regulierung vorzubereiten.

 

Die Verhandlungen zur KI-Verordnung der EU laufen, die rechtlichen Regelungen stehen weiter aus – und die Zeit rennt. Wo sehen Sie die größten Handlungsbedarfe seitens Politik?

Ich denke, die Politik tut gut daran, bei KI einen risikobasierten Ansatz zu fahren – also nicht alles pauschal zu regulieren, sondern die größten Risiken abzufedern. Für uns in Europa sehe ich das größte Potential darin, dass wir Vorreiter mit Blick auf sichere KI-Systeme werden und dafür sorgen, dass unsere Kriterien auch international gelten. Wichtig ist es, so voranzugehen, dass die Prozesse auch umsetzbar sind und die Produkte in möglichst kurzer Zeit auf den Markt kommen können. Für uns als Drittprüfer bedeutet das auch, dass wir schneller werden müssen und unsere Verfahren an technologiespezifische Anforderungen anpassen müssen – und da gibt es noch viel zu tun.

Dabei kann auch die Politik unterstützen und tut das unter anderem mit der Initiative „Mission KI“, aufgesetzt vom BMDV gemeinsam mit Acatech, die ein deutsches Gütesiegel für sichere und vertrauenswürdige KI-Systeme entwickeln soll. Solche Initiativen zu unterstützen finde ich wichtig, genauso wie die von der EU vorgesehenen Reallabore aufzubauen – also Orte zum Testen der Technologie, an die sich auch Unternehmen wenden können.

Mit Blick auf das nächste Jahr: Was wird Sie 2024 am meisten beschäftigen?  

Ich hoffe, dass sich im Bereich Daten einiges tun wird. In Brüssel wurde zuletzt mit dem Data Act ein wichtiges Gesetz beschlossen, damit mehr Daten in Umlauf kommen – und wir den Datenschatz heben, den wir u.a. in der Industrie haben. Aktuell ist die Frage immer noch: Wie kommen wer an welche Daten? Da kann der Data Act einiges beitragen.

Je datengetriebener Anwendungen sind, desto besser können wir KI-Systeme trainieren. Kurz gesagt: Es geht darum, die vorhandenen Daten zu nutzen, um Services besser zu machen. Ich persönlich bin da technologieoffen und nutze datenbasierte Innovationen gern. Für 2024 freue mich auf mehr gute KI-Anwendungen in ganz vielen verschiedenen Bereichen. Menschen sind bereit, ihre Daten zu teilen, wenn sie einen richtigen Nutzen sehen. Und eine KI wie ChatGPT kann dazu beitragen, das in der Breite der Bevölkerung zu verankern.