Pop-Up Factory: Wenn der Roboter Häuser baut
In der letzten Woche war ich zum Make City Festival ins Architekturbüro Henn eingeladen, um über die Potenziale der digitalen Produktion in der Stadt zu sprechen. Ich war beeindruckt von den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung von Bauprozessen im Zusammenspiel mit Robotern und virtueller Realität.
Beton trifft virtuelle Realität
Die Bauindustrie ist einer der Wirtschaftstreiber Berlins und gleichzeitig eine der am wenigsten digitalisierten Branchen. Doch an den Rändern bröckelt der zementierte Bauprozess der letzten 100 Jahre. Dass Maschinen schwere Arbeit übernehmen, Beton mischen, Material an die Baustelle liefern und Bauteile einpassen ist nicht neu. Auch die digitale Planung von Gebäuden ist schon mehr als 30 Jahre Stand der Technik. Roboter, die dank automatisierter Planungs- und Fertigungsprozessketten handwerkliche Tätigkeiten übernehmen, spielten in der Region bisher keine Rolle. Gefährliche Verrichtungen, wie der Holzzuschnitt bei Zimmermannsarbeiten, könnten vollautomatisch und autonom von Robotern erledigt werden (Forschungsprojekt AutoSaw).
Auch körperlich schwere und zunehmend unbeliebter werdende Arbeit, wie zum Beispiel Mauer- und Fassadenbau, könnte bald ein Roboter erledigen. In der Pop-Up Factory, dem Versuchsaufbau im Büro von HENN Architekten, wird leise und sauber produziert. Über computergesteuerte Roboter werden Bausteine einer Wandbekleidung in Stückzahl 1 individuell gefertigt und via Mixed-Reality-Brille dem Monteur der genaue Platz in der Mauer angezeigt, an dem der Stein verbaut werden soll. Später könnte diese Fassade vollautomatisiert von Maschinen montiert werden. Um Arbeiter bei besonders mühsamen Tätigkeiten zu entlasten, will etwa die japanische Baufirma Shimizu Corp. eine Reihe unterschiedlicher Roboter einsetzen. Neben einer ressourcenschonenden Herstellung und umgebungsverträglicher Produktion, könnte so auch Nachwuchssorgen im Handwerk gegengesteuert werden.
Smarte Stadtplanung: Pop-Up Factory auf der Baustelle
In andere Branchen sind digitale Produktionstechniken längst eingezogen. Auch in der Bauindustrie vollzieht sich international ein digitaler Wandel. Was heißt das für die Planung der Stadt? Industrielle Produktion von Bauteilen und auch der Bauprozess ändert sich. Sind neue, digitale Bau- und Produktionstechniken leise und sauber, können auch in der oberen Etage eines Stockwerksbaus Fassadenelemente für die Sanierung eben dieses Hauses produziert werden. Individuell gefertigt, passgenau, in Stückzahl 1 und vor Ort „just in time“ für den Einbau. Daraus können schnellere und schlankere Prozesse resultieren, mit weniger Lieferverkehr und geringerer Lagerhaltung von Bauteilen für einen reibungsloseren Umbau der wachsenden Stadt.
Wie kann die Stadt diese Entwicklung hilfreich begleiten? Dafür sind notwendige Weichen zu stellen: Stadtentwicklungspläne, Bau- und Planungsgesetze, Richtlinien und Planungsinstrumente sollten voll ausgeschöpft werden, um Urbane Produktion zu unterstützen und Bezirken Anreize zu bieten, Urbane Produktion zu ermöglichen. Nicht zuletzt eröffnet die in situ Produktion von Bauteilen, ebenso wie die Digitalisierung des Bauprozesses mit innovativen Technologien, wie zum Beispiel der Einsatz von Robotern, der Bauindustrie mit ihren Nachwuchssorgen große Chancen.
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