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  • Thema Smart City

Öffentliches Gestalten im CityLAB Berlin

  • Veröffentlichungsdatum 26.11.2020
Frauke Nippel

Öffentliche Verwaltungen stehen vor vielfältigen und komplexen Herausforderungen. Dabei halten Technologien häufig nicht ihr vermeintliches Lösungsversprechen. Das CityLAB Berlin hat Angebote geschaffen, um öffentliche Verwaltungen bei ihren digitalen Veränderungsprozessen und Innovationsvorhaben zu unterstützen.

Im Berliner Zukunftspakt Verwaltung wurde im Mai 2019 vermerkt: »Die Einrichtung des CityLAB Berlin dient dazu, der Entwicklung von Vorhaben der Stadt Berlin einen gemeinsamen Austausch- und Entwicklungsraum zu geben. Das CityLAB Berlin soll auch ein Ort für Innovationen für die Verwaltung sein.«

Dieser Artikel wirft einen Blick auf die Angebote und Formate, die wir im CityLAB entwickelt haben, um die öffentliche Verwaltung enger mit einzubeziehen und für neue Veränderungsprozesse zu öffnen:

  1. das Vermitteln von neuen Methoden und Kompetenzen,
  2. die Moderation design-geleiteter Entwicklungsprozesse und
  3. das Entwickeln prototypischer Softwarelösungen

Vermittlung von Methoden und Kompetenzen

Auf die öffentliche Verwaltung kommen immer mehr und neue Herausforderungen zu: Klimakrise, demografischer Wandel oder Digitalisierung sind komplexe und dynamische Probleme. Das heißt auch, dass sich nicht nur die Herausforderungen selbst ständig verschieben, sondern auch die Wahrnehmung der betroffenen und verantwortlichen Menschen darauf. Auf der Suche nach Antworten stoßen die routinierten Verwaltungsprozesse früh an ihre Grenzen, weil sie nicht schnell genug an Veränderungen angepasst werden können. Meist orientieren sich Veränderungsmaßnahmen in der Verwaltung stattdessen an Gesetzen oder Vorschriften, die in langwierigen Prozessen entstehen.

Auf der Suche nach wirksamen Lösungen für die Herausforderungen der Gegenwart blicken viele Verantwortliche sehnsüchtig in Richtung neuer Technologien. Dabei lässt sich feststellen, dass Technologie allein nie eine Lösung ist – ein schlechter analoger Prozess, wird auch zum schlechten digitalen Prozess. Stattdessen werden für zukunftsfähiges Verwaltungshandeln zunächst neue Denk- und Arbeitsweisen für die Menschen in den öffentlichen Verwaltungen benötigt, die sie dazu befähigen eigenständig und anpassungsfähig zu handeln. Im CityLAB beruhen unsere Formate zur Vermittlung dieser neuen Denk- und Arbeitsweisen auf drei Prinzipien:

Benjamin Seibel hält einen Vortrag im voll besetzten CityLAB
© Florian Reimann

Verantwortlichkeit
Wirkungsorientiertes und menschzentriertes handeln

Transparenz
Evidenzbasiertes und designgeleitetes handeln

Partizipation
Multiperspektivisches und co-kreatives handeln

Die Annahme und Anwendung dieser Prinzipien ist für Mitarbeiter*innen in der Verwaltung nicht trivial. Zum Beispiel bedeutet Menschen ins Zentrum zu stellen gleichzeitig, Veränderungsprozesse für externes Feedback zu öffnen. Das ist neu. Bisher wurden Entscheidungen nur verwaltungsintern getroffen – sie transparent zu machen, scheint angreifbar zu machen. Unsere Angebot, die neuen Methoden und Ansätze zunächst in kurzen Lernformaten auszuprobieren, ist in der Berliner Verwaltung auf große Resonanz gestoßen. Ausprobieren erscheint machbarer als anwenden (und kostet ja auch nichts). Trotz anfänglicher Berührungsängste verstehen die Mitarbeiter*innen schnell den Mehrwert offener Denk- und Handlungsweisen und erkennen, dass das Einbeziehen externer Personengruppen kein Eingeständnis eigener Unfähigkeit ist, sondern Ausdruck von ehrlichem Interesse.

In acht Modulen zur Service Agent*in

Unser neustes Format bieten wir gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport an. Das Lernformat bereitet Berliner Verwaltungsbeschäftigte auf ihre Graswurzelrolle als Service Agent*in vor und besteht aus acht halb- oder ganztägigen Modulen zu Service Design und Nutzer*innenorientierung, zur Selbst- und Fremdwahrnehmung, zur Methodik und Umsetzung qualitativer Untersuchungen, zum Nutzen des Erfahrungsschatzes und Erkunden von Ideen, zum Gestalten von Sprache und Prototypen und schließlich zur Umsetzung und Netzwerkbildung. An unserem Pilotdurchlauf nehmen 14 Mitarbeiter*innen aus Schlüsselpositionen der Berliner Verwaltung teil.

Handbuch für innovatives Arbeiten in der Verwaltung

Unser bisher umfangreichstes Angebot an die öffentlichen Verwaltungen – über die Berliner Stadtgrenzen hinaus – ist unser Handbuch für innovatives Arbeiten in der Verwaltung. Es ist ein frei zur Verfügung gestellter Methodenkasten und eine Anleitung zum eigenständigen Arbeiten an Innovations- und Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung. Das Handbuch ist unterteilt in mehrere Phasen und begleitet Mitarbeiter*innen ab dem Moment, an dem sie feststellen, dass etwas nicht optimal oder gut genug funktioniert. Dort zeigt es auf, wie motivierte Teammitglieder gefunden und Vorgesetzte vom investieren in Raum, Zeit und Ressourcen überzeugt werden können. Es führt im Anschluss durch Phasen der Systemexploration und Problemdefinition, als auch das Entwickeln und Testen von Ideen und Prototypen, bevor es Möglichkeiten aufzeigt, wie Lösungen umgesetzt und verstetigt werden können.

Um die Eintrittsschwelle für Mitarbeiter*innen der Berliner Verwaltungen möglichst niedrig zu gestalten, bieten wir seit der Veröffentlichung im Juni 2020 kurze Formate zum begleiteten Ausprobieren erster Methoden an und haben damit gute Erfahrung gemacht. Die Teilnehmer*nnen verlieren schnell ihre Berührungsangst vor den neuen Methoden, Denk- und Arbeitsweisen, genießen den kreativen Austausch mit Kolleg*innen aus anderen Bezirken und Ressorts und gehen motiviert in ihren Arbeitsalltag zurück, um das Gelernte miteinzubringen. 2020 haben so insgesamt über zweihundertfünfzig Personen an unseren Formaten teilgenommen.

Moderation designgeleiteter Entwicklungsprozesse

Das Angebot der Probierformate hat die Tür für Anfragen nach Unterstützung bei realen Innovations- oder Digitalisierungsvorhaben und für die Teilnahme der Verwaltungsmitarbeiter*innen an den Diskursen für die Stadt der Zukunft geöffnet. Um dem Bedarf nach Unterstützung für existierende Problemstellungen zu begegnen haben wir ein Begleitprogramm entwickelt, dass aus ganztägigen Workshops und eigenständiger Arbeit in der Zwischenzeit besteht. Das Programm besteht aus drei Phasen, an denen sich sowohl betroffene, als auch verantwortliche Anspruchsgruppen beteiligen:

Analyse
Ziel der Analysephase ist ein gemeinsames Verständnis und Zielwissen. Dazu führen wir Sachstandanalysen durch, kartieren Prozesse, Akteure und Abläufe und identifizieren Ursachen und Effekte der vorliegenden Herausforderung.

Intervention
Dem identifizierten Problem begegnen wir zunächst mit einer Intervention in Form von niedrigauflösenden Lösungskonzepten oder Prototypen. Um lösungsweisende Empfehlungen und Maßnahmen zu formulieren, priorisieren wir die Potenziale, die sich aus Bedürfnissen und Hindernissen der betroffenen und verantwortlichen Personen ergeben.

Evaluation
In der dritten Phase evaluieren wir die Intervention. Dazu führen wir Tests der Lösungskonzepte oder Prototypen mit betroffenen Personen durch und werten sie gemeinsam mit den verantwortlichen Personen aus, um minimal-verwendbare Produkte oder Services zu definieren. In einigen Fällen mit erfolgreicher Evaluation bietet es sich an, das Lösungskonzept gleich in eine nutzbare Form zu bringen, bevor die zuständige Verwaltung in die öffentliche Vergabe geht. Hierzu bieten wir im CityLAB prototypische Umsetzungen von Softwarelösungen an.

Umsetzung prototypischer Softwarelösungen

Manchmal ist es besonders wichtig, Erkenntnisse und relevante Lösungen anfassbar und nutzbar zu machen, um zu illustrieren was durch gemeinsame innovative Arbeit möglich ist. In diesen Fällen bemühen wir uns, die Umsetzung prototypischer Softwarelösungen für den internen oder externen Gebrauch möglich zu machen und sie erstmalig und probeweise in den Arbeitsalltag oder Nutzungskontext einzuführen. Dabei ist die technologische Anschlussfähigkeit an die Berliner IKT-Architektur entscheidend für die Übernahme der Pflege und Wartung durch den Berliner IT-Dienstleister. In anderen Fällen kann der technische Prototyp den verantwortlichen Verwaltungen als elektronisches Lastenheft dienen und damit Vergabeverfahren effektiver machen und verkürzen.

www.giessdenkiez.de ist in Zusammenarbeit mit Bürger*innen, Umwelt- und Gießinitiativen entstanden. Es informiert die Berliner Stadtbevölkerung über Stadtbäume, ihren Wasserbedarf und öffentliche Wasserzugänge. So wird ihr ermöglicht, in den immer trockeneren Sommern, die zuständigen Ämter bei der notwendigen Bewässerung der Bäume in ihrer Nachbarschaft zu unterstützen.