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  • Thema Bildung

IoT Field Kitchen: Wie wir Menschen zum Experimentieren verführen

  • Rubrik Aus der Stiftung
  • Veröffentlichungsdatum 07.03.2023
Carolin Clausnitzer

Bereits zum dritten Mal fand im Februar unsere „IoT Field Kitchen“ statt. Das Format richtet sich an Menschen aus dem Bildungsbereich und bietet eine anwendungsnahe Einführung in die Welt des „Internet der Dinge“. Die neuen Kenntnisse können im Anschluss für die eigene Praxis genutzt werden – egal ob in Schule oder Uni. 

Nach einer Einführung zum Thema Microcontroller anhand des Arduino Uno lernen die Teilnehmer:innen, im Rahmen eines Praxisprojekts, erste Ideen für den Stadtraum mit digitaler Hardware prototypisch umzusetzen. Doch wie werden aus normalen Teilnehmenden echte Experimentiervirtuos:innen? Das verrät unser Blogbeitrag – einen Einblick in unsere Arbeitsweise und die aktuellen Workshops inklusive.

Kreative und prozessorientierte Technikvermittlung

In unseren Workshops verfolgen wir einen experimentellen und prozessorientierten Vermittlungsansatz. Am Ende kann, aber muss nicht ein Prototyp stehen. In erster Linie geht es uns darum, bei den Teilnehmenden ein kreatives Mindset zu stärken, das Technik als Werkzeug für ganz unterschiedliche Projektansätze versteht. Nach einem ersten Hands-on Überblick über die Technik setzen wir daher kreative Methoden wie Design Thinking, Mapping oder Visual Storytelling ein. Wir bieten einen entsprechenden Spielraum und motivieren zum Experimentieren.

Dabei helfen wir den Teilnehmer:innen, individuelle Ziele zu formulieren und umzusetzen – ob nun als Ideenskizze oder ersten Prototypen. Oftmals ist da auch gut ein Brückenschlag zu den Disziplinen der Teilnehmer:innen möglich. Dabei geht es natürlich auch um Aspekte wie Machbarkeit und Nachhaltigkeit. Die individuellen Lernfortschritte dokumentieren wir z.B. in Form von Recaps und Pitches während des Workshops. Um im Lernprozess schneller voranzukommen, gibt es außerdem kollektive Bausessions; etwa anhand einer bestehenden Anwendung gemeinsam zu lernen. Auch dabei geben wir nicht alles bis ins kleinste Detail vor, sondern lassen eigene Beobachtungen und Ideen mit einfließen. Als Grundlage legen wir ein Beispiel mit Bildern zum Zusammenstecken der Hardware und entsprechendem Code auf GitHub oder Miro ab. In der Gruppe wird dann gebaut, getüftelt und vor allem weitergedacht – zum Beispiel noch ein Sensor angeschlossen oder der Code angepasst. Da kann es schon einmal sein, dass am Ende etwas ganz Anderes herauskommt und das ist auch ok so.

Als Akteur im außerschulischen Bildungsbereich ist dies auch unser Credo: Nicht verschult, sondern möglichst praktisch und gleichzeitig mit viel Freiraum für Entwicklung in den Formaten arbeiten. Das kann teilweise auch im ersten Moment irritierend sein, deshalb nutzen wir während des Workshops verschiedene Icebreaker, um das Neue willkommen zu heißen und Veränderung zuzulassen.

Ideenentwicklung für digitale Hardwareprojekte

Ob vor Ort oder virtuell, zu Beginn der Schulung geht es erst einmal um Anwendungsbeispiele aus dem „Internet der Dinge“ und die individuellen Zugänge der Teilnehmer:innen. Anschließend machen wir weiter mit dem Microcontroller Arduino Uno: Software installieren, ersten Code laden, Einbindung von Bibliotheken und Nutzung von Code-Beispielen. Es folgen erste Anwendungen im Stadtkontext mit Sensoren und Aktoren (z.B. Display, Ultraschallsensor etc.). Etwas Kunst haben wir auch im Gepäck: Kennenlernen und Erstellen von ASCII-Kunst für den seriellen Monitor in der Arduino-Software. Nach diesem (interdisziplinären) Einblick wartet schon das Experimentierfeld auf die Teilnehmer:innen. Im Rahmen eines bestehenden Projekts (z.B. „Speaking Toy“ von Sara Reichert) lernen die Teilnehmenden u.a. solche Beispiele für den Stadtkontext zu adaptieren. Zum Beispiel könnte man so eine Text-to-Speech-Anwendung für Durchsagen im öffentlichen Raum nutzen.

Um ein entsprechendes Storytelling für digitale Hardwareprojekte hinzubekommen, springen wir nochmal zu dem Moment am Anfang des Workshops, als wir unsere Hardwarebox (z.B. die Hacking Box) mit den vielen wundersamen Bauteilen öffneten. Schon der Blick in die Box kann das Eis brechen und unheimlich motivieren, egal ob man etwa schon einige Teile in der Box kennt oder nicht. Nun weiß man auch schon ein bisschen, was möglich ist mit dieser Technik und kann erfinderisch werden. Dazu starten wir ein fröhliches Bauteilelosen und jeder darf zufällig einige Bauteile auswählen, zu denen im Folgenden Geschichten erfunden werden sollen. Dann geht es weiter zur Suchmaschine und wir schauen, was es im Internet schon für tolle Bauanleitungen zu unseren Lieblingsbauteilen gibt. Danach können wir überlegen, was sich wie gut umsetzen lässt.

Welche Projekte haben sich nun die Teilnehmer:innen und Workshopleiterinnen der „IoT Field Kitchen“ im Februar ausgedacht!? Nicolai hatte bereits eine Anwendung mit dem Microcontroller Calliope Mini im Kopf und möchte diese noch mit einer digitalen Schranke verknüpfen. So eine (individuelle) Ampelschaltung wäre vielleicht auch etwas für den Stadtraum. Ninett möchte Feuchtigkeit mit dem Tropfensensor messen und dafür eine Box mit Motorantrieb bauen, die für die Messung auf- und dann wieder zugeht. So bleibt der Sensor vor Witterung und Vogelkot geschützt. Stefan hat den RFID Empfänger bereits auf das Steckbrett gesteckt und überlegt, was er in Verbindung mit LEDs damit machen wird. Caro ist schon am Zeichnen und möchte das Thema lieber spekulativ umsetzen.

Mit ein paar Beats im Hintergrund und tollem kreativen Austausch geht es schnell mit den Projekten voran. Egal ob Teilnehmer:in oder Workshopleiterin – alle fragen, hinterfragen, lernen und teilen Erfolge oder Misserfolge gemeinsam! Am Ende kann jede:r mit neuen Erfahrungen und Erkenntnissen (und ja, auch Ergebnissen) aus dem Workshop gehen.

Wir lieben Fehler!

Wieso eigentlich nochmal „IoT Field Kitchen“!? Das Wording hatte sich ursprünglich aus unserer anwendungsnahen Vermittlungspraxis ergeben. In vielen Workshops nutzen wir das Tempelhofer Feld als Experimentierfeld (wortwörtlich) und als Kontext für entsprechende Anwendungsbeispiele mit digitaler Hardware und Sensorik. Eine Kitchen bedeutet für uns aber noch so viel mehr: Sie steht für einen kollektiven Erfahrungs- und Ausprobierraum, den wir bewusst auch als gemeinschaftlichen Raum gestalten. Ob vor Ort im Rahmen eines gemeinsamen Mittagessens, einer Performance mit den Prototypen am Ende; oder online mit Stammtischatmosphäre und Speeddating. Ganz besonders wichtig finden wir außerdem, uns als Workshopleiterinnen auch regelmäßig zurückzunehmen. Beim Aufsetzen der Hardware etwa helfen sich die Teilnehmer:innen gut gegenseitig, zum Beispiel wenn mal ein Kabel falsch steckt. Solche Erfahrungen sind natürlich Gold wert, wenn sie die Inhalte später eigenständig vermitteln wollen. Genau genommen sollen sie während der Schulung so viele Fehler wie möglich machen und daraus lernen. Fehler tun weh, aber ohne sie ist das beste Experiment nichts wert. Wir lieben Fehler!

Auch im Februar konnten wir im Rahmen der Multiplikator:innenschulung wieder spannende Kontakte knüpfen und freuen uns jetzt schon auf die nächste Ausgabe im letzten Quartal des Jahres 2023. Vormerkungen nehmen wir gern schon entgegen: bildung[at]ts.berlin

IoT Field Kitchen

Miteinander verbundene Sensoren

Train the trainer-Format für Multiplikator:innen aus dem Bildungsbereich