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Die Behörde der Zukunft denkt in Geschäftsprozessen und digitalisiert sie

  • Veröffentlichungsdatum 04.07.2017
Frauke Nippel

Die Technologiestiftung Berlin hat die Entwicklung eines digitalen Tools koordiniert, das Schulbehörden dabei helfen kann, Einschulungsbereiche zuzuschneiden. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg war Projektpartner und setzt das Tool bereits ein. Ein Interview mit Bezirksstadtrat Oliver Schworck über die Bedeutung der Digitalisierung für die Verwaltung von morgen.

Frage: Bei der Präsentation des Tools haben Sie von Geschäftsprozessen im Bezirksamt gesprochen. Was verstehen Sie unter behördlichen Geschäftsprozessen?

Oliver Schworck: Ich glaube, dass die Verwaltung der Zukunft ihre Arbeit stärker in Prozessen denken muss. Das verändert den Blick auf die Arbeit. Wer einen Geschäftsprozess definiert, beschreibt ein Ziel - zum Beispiel transparent eine Dienstleistung zu erbringen - und überlegt, wie dies möglichst effizient und in einem definierten Zeitrahmen geschehen kann. Dabei kann die Digitalisierung  der Berliner Verwaltung helfen, an diesem Punkten besser zu werden.
Definierte Geschäftsprozesse können viel stärker, als sich die meisten Behörden dies vorstellen können, digitalisiert werden. Das hilft, Dienstleistung in der wachsenden Stadt schneller zu erbringen und dabei so transparent zu werden, dass die Bürgerinnen und Bürger verstehen, wie die Behörden zu ihren Entscheidungen kommen. Das digitale Tool, das wir für den Zuschnitt der Einschulungsbereiche entwickelt haben, war ein Gemeinschaftsprojekt von Partnerinnen und Partnern aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Ich finde, es ist ein überzeugendes Beispiel dafür, was eine Berliner Behörde von der erfolgreichen Startup-Szene in der Stadt lernen kann. Dabei war es spannend zu sehen, wie ein junges Startup auf die Arbeit einer Behörde sieht, Fragen stellt, mit denen man nicht rechnet, und Lösungen findet, auf die man im Amt vielleicht nicht gekommen wäre.

Frage: Normalerweise hätte man eine solche Leistung wie die Entwicklung eines digitalen Tools ausgeschrieben. In diesem Fall lief es anders und das Produkt wurde gemeinsam entwickelt. Wie ist ihr Fazit: Ausschreibung oder Labor?

Oliver Schworck: Ich selbst kam ins Amt, als das Projekt bereits lief. Das möchte ich vorausschicken. Ich bin am Ende sehr angetan von der Labormethode. Der normale Weg ist, ein Pflichtenheft zu erstellen, auszuschreiben und dann eine Software zu kaufen.  Anschließend stellt man fest, dass die Parameter, die angenommen wurden, doch nicht 100-prozentig stimmen und wenn dann das erste Update der  Software kommt - und die kommt sicher – kann man eigentlich wieder von vorne anfangen.
Alles das sehe ich bei dem hier beschrittenen Weg nicht: Durch die Arbeit aus der Praxis heraus sind die Parameter viel durchdachter. Der Prozess ist iterativ und über das digitale Tool hinaus erkenntnisreich.  Die Kooperation mit Partnerinnen und Partnern aus anderen Zusammenhängen ist bereichernd und am Ende hat man ein genau auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittenes Tool, mit offenen Daten und freier Software, so dass auch spätere Modifikationen und Updates relativ unkompliziert möglich sind. Ich würde eine solche Laborlösung wieder wählen und kann sie weiterempfehlen.