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Gemeinsam Stadt gestalten: Mit digitalen Tools im Kiezlabor

  • Rubrik Aus der Stiftung
  • Veröffentlichungsdatum 02.02.2024
Carolin Clausnitzer

Schon mal mit einem Roboter einen Nachbarschaftsplausch darüber abgehalten, was in der Stadt so passiert? Oder eine KI-gestützte Visualisierungs-Software mit Prompts gefüttert, um die grüne Stadtentwicklung von morgen mitzugestalten? Möglich gemacht hat es das Kiezlabor unseres CityLABs. In vier Berliner Nachbarschaften war der zu einem energieautarken Tiny House umgebaute Schiffscontainer 2023 erstmals auf Tour. Bevor es dieses Jahr weitergeht, lassen wir Revue passieren, wie wir mit digitalen Tools gemeinsam Stadt gestalten können.

Tutorial: Was ist das Kiezlabor?

Das Kiezlabor lädt alle Stadtbewohner:innen ein, gemeinsam die Potenziale der digitalen Transformation zu erkunden und mitzugestalten. Es ist eine Zukunftswerkstatt, in der Dinge ausprobiert und Fehler gemacht werden dürfen. Ein offener Ort, an dem man zum Beispiel einen Workshop oder eine Lesung besuchen kann – oder einfach mal mit dem Nachbarn auf einen Kaffee ins Gespräch kommen kann. 

Frei nach dem Motto „Ohne dich sind wir nur ein Container“ wurden auch lokale Partner:innen eingeladen, mit Exponaten, Workshops und Meetups zum Programm beizutragen. Vom mobilen Bürgeramt über die Sprechstunde des Straßen- und Grünflächenamts bis hin zum Mapping für Beteiligungsprozesse waren alle eingeladen, mitzugestalten. Darüber hinaus konnten anhand der Exponate am Kiezlabor und in Workshops auch viele digitale Tools für die Stadtgestaltung ausprobiert werden. Dabei befindet sich das Team des Kiezlabors stets im Entdeckungsmodus und testet neue Möglichkeiten. 

Level 1: Ins Gespräch kommen mit Menschen, Robotern und Würfeln

Was macht für dich eine lebensfreundliche und resiliente Stadt aus? Welche Themen sind dir besonders wichtig? Gibt es etwas, was du dir für deinen Kiez wünschst, oder was du gern verbessern möchtest? Oder hast du generell Interesse und möchtest einfach mal Reinschnuppern? 

Mit den Mitarbeiter:innen des Kiezlabors kann man locker ins Gespräch kommen und herausfinden, wie man sich ggf. einbringen kann. Als weiterer Gesprächspartner vor Ort stand da noch unser Kiezbot zur Verfügung. Eine Unterhaltung mit ihm bringt richtig viel Spaß, denn er hat gewissermaßen eine multiple Persönlichkeit. Basierend auf ChatGPT kann man sich etwa mit einer Currywurst zu Berlinthemen oder einer Biene zum Klima austauschen. Wenn der Kiezbot nicht mit dem Kiezlabor auf Tour ist, ist er in der Ausstellung des CityLABs zu finden. Probier ihn dort gern mal aus! 

Und noch eine Erfindung der Kolleg:innen aus dem Prototyping-Team: Die interaktiven Ideenwürfel, die bei gutem Wetter direkt draußen vor dem Kiezlabor ausprobiert werden konnten. Diese generieren mithilfe von KI (mitunter nicht ganz ernst gemeinte) Ideen für digitale Lösungsansätze im Stadtkontext, die wiederum für reichlich Gesprächsstoff und Inspiration sorgen.  

Level 2: Prompts schreiben für die Renaturierung der Spree mit Midjourney

Vom Warm-up springen wir gleich in die Vision: Wie stellen wir uns eigentlich die Stadt in 50 oder 100 Jahren vor? Oder noch besser – welche Maßnahmen können schon jetzt skizziert und prototypisch umgesetzt werden? Was wäre da besser geeignet, um Visionen zu entwerfen und zu testen, als mit Hilfe von künstlicher Intelligenz? Zusammen mit Jakob Kukula haben wir im Rahmen eines Workshops am großen Touchdisplay im Kiezlabor mit Hilfe der Software Midjourney zum Thema „Renaturierung der Spree“ gearbeitet. Mit einem Einstiegssatz (Prompt) wie „urbaner Fluss, in der Stadt der Zukunft, der renaturiert wurde, in einem gesunden Ökosystem mit Tieren und Menschen“ konnten bereits recht interessante Bilder generiert werden. Doch erst mit Blick in die Dokumentation und dem Kennenlernen von Befehlen, Parametern & Co eröffnet sich die große Kunst des Prompt-Schreibens. Denn auch Midjourney wurde in einem bestimmten Stil programmiert, und man muss diese neue Sprache erst erlernen. Dann kann die KI ein sehr hilfreiches Tool für eigene Vorhaben und Projekte sein – und eigentlich auch täglich beim Entwickeln von Visionen unterstützen. 

Level 3: Szenarien entwerfen für die Gartenstadt mit Urbanist.AI

Wie schon in Treptow mit dem Kunger-Kiez-Block, gab es auch auf dem Tempelhofer Feld einen konkreten Anwendungsfall für uns. Im Rahmen eines Workshops mit der Initiative der Gartenstadt Neu-Tempelhof arbeiteten wir mit einem weiteren KI-Tool – der Software Urbanist.AI. Ausgangssituation vor Ort: Der Kiez ist durch den zunehmenden Kfz-Durchgangsverkehr stark belastet. Das führt zu mehr Lärm, Abgasen, Staus und Gefährdung von Schulkindern, Radfahrenden und letztlich allen Personengruppen. 

Wie könnten Zukunftsvisionen für den Kiez aussehen? Wie würden Straßen ohne Parkplätze und mit viel Grün aussehen? Wie sähe es aus, wenn auf den Straßen gespielt werden kann? Gemeinsam wurde anhand von Foto-Materialien aus dem Kiez und der KI der Wunschkiez der Zukunft erarbeitet. 

Gesagt, getan. In der Software kann man eigene Bilder aus der Stadt oder vom Heimatkiez hochladen und damit arbeiten. Entweder man lässt sich dabei von der KI unter die Arme greifen, oder man nutzt den Professional Mode – in dem man (ähnlich wie bei Photoshop) selbst Hand anlegen und das Bild manipulieren kann. Am Ende kann man sich das Bild noch zur weiteren Verwendung digital abspeichern oder auf Anfrage auch in höherer Auflösung herunterladen. Die Software läuft aktuell noch im Demo-Modus und es der muss eine Lizenz gekauft werden. Dann aber wird man reichlich belohnt und hat ein Tool, welches sehr gut für Workshops geeignet ist.  

An Standorten, die sich im Prozess der Veränderung befinden spürt man häufig die Angst der Anwohner:innen vor dem Unbekannten. Das Unbekannte wiederum auf spielerische Art zu visualisieren und die Bewohner:innen selber gestalten zu lassen ist extrem wertvoll und kreativ und stößt allerseits auf große Begeisterung. Die entstandenen Stadtvisionen sind Anregungen, die motivieren für die jeweiligen Veränderung einzustehen und essenzielle Punkte von Anfang an mitzudenken.

Henriette Närger :
Team Kiezlabor

Endgame: Mit digitaler Hardware im Kiez zusammenkommen

Weg vom Bildschirm und Hardware stecken unter freiem Himmel? Kann man auch mal machen und das recht anwendungsnah genau an der Stelle in der Stadt, wo es gebraucht wird. Damit man im Graefekiez besser gesehen wird, boten wir einen Workshop an, bei dem wir mit den Teilnehmer:innen ein LED-Blinklicht bauten. Das entwickelte sich schnell zu einem Flashmob, da vorbeilaufende Passanten und Familien auch Lust hatten, mitzubauen.  

Dabei kamen wir außerdem gut ins Gespräch, z.B. zur Lärmbelastung in diesem belebten Kiez. Zwar gibt es einen Lärmpegelmesser, dieser registriere aber nur die Spitzen und keine andauernde Belastung wie z.B. durch Zusammenkünfte an den Parkbänken bei Nacht. Wie kann man da anders weiterhelfen – mit oder ohne Technik? Die Erkenntnisse aus dem Graefekiez flossen auch in die vergangene Summer School des CityLAB unter dem Motto „Prototyping für eine gesunde Stadt“ mit ein. 

Wer jetzt Lust bekommen hat, selbst einmal etwas zu prototypen: Im Rahmen der offenen Werkstatt im CityLAB kann man ganz hands-on zu Themen der digitalen Stadtgesellschaft tüfteln. Aktuelle Termine finden sich im Veranstaltungskalender und in der gleichnamigen Meetup-Gruppe. 2024 Außerdem gibt es die Möglichkeit, Komponenten für eigene Projekte auszuleihen – aus unserer Hacking Box.

Sneak Peek: Wie geht’s weiter mit dem Kiezlabor? 

Gerade befindet sich das Kiezlabor übrigens im Winterschlaf und geht ab Frühjahr 2024 wieder auf Tour. Termine zu Veranstaltungen und Workshops finden sich dann auch wieder auf der Webseite. Außerdem gab es im CityLAB zur Labissage im Dezember  eine kleine Kiezlabor-Ausstellung, in der das Team des Kiezlabors die bisherigen Standorte noch einmal Revue passieren ließ Wer nicht selbst vor Ort sein konnte, wird in den liebevoll mit vielen Fotos gestalteten Blogbeiträgen zu den einzelnen Standorten auf der CityLAB-Webseite fündig. 

 

Kiezlabor

Städte sind wichtige Inkubatoren für die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen – vom sich wandelnden Klima bis zur digitalen Transformation. Doch wie können Bewohner:innen heute schon ihre Ideen einbringen und so an einer nachhaltigen Stadtentwicklung beteiligt werden? Das Modellprojekt Kiezlabor zeigt, wie Teilhabe in der Stadt aussehen kann: Mit einem energieautarken Tiny House, das durch die Berliner Bezirke tourt – und mit digitalen Methoden und Inhalten die Stadt von morgen gestaltet.  


Zielgruppe

Stadtgesellschaft