Neue Podcast-Folge Radio CityLAB: Dr. Theresa Züger über KI und Gemeinwohl
KI prägt unseren Alltag, meist durch privatwirtschaftliche Angebote großer Konzerne.
Doch wie kann KI gezielt dem Gemeinwohl dienen? Wie werden Künstliche Intelligenz und Gemeinwohl definiert? An welchen Stellen überschneiden sich die beiden Konzepte – oder stehen sie möglicherweise sogar im Widerspruch zueinander?
In diesem Auszug der aktuellen Podcastfolge von Radio CityLAB Podcast spricht Dr. Benjamin Seibel mit Dr. Theresa Züger, Leiterin des AI and Society Labs am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft über die Definition von Gemeinwohl und die Bedeutung gemeinschaftlicher Entscheidungsprozesse. Die ganze Folge gibt es natürlich auch zum Anhören.

Benjamin Seibel: Was heißt denn überhaupt gemeinwohlorientierte KI?
Welche Kriterien habt ihr da festgelegt?
Theresa Züger: Genau das war für uns ein wichtiger Schritt, weil wir festgestellt haben, dass die Debatte um AI For Good, also KI für das Gemeinwohl, geführt wird, ohne dass der Begriff definiert wurde. Wir wollten diesen Definitionsraum eröffnen, um die Debatte zu führen
In der politischen Theorie gibt es darüber ein sehr reiches Spektrum an schon existierenden Arbeiten. Wir fanden vor allem die Philosophie von John Dewey dafür sehr interessant, die zum Beispiel Barry Bozeman interessiert und weiter inspiriert hat.
Barry Bozeman ist ein Theoretiker, der sich ganz stark mit dem Gemeinwohl auseinandergesetzt hat und er hat wie ich finde, viele ganz gute Begriffsklärung vorgeschlagen.
Public interest are those outcomes best serving the long-run survival and well-being of a social collective construed as a public.
Es geht darum, dass hier eine bestimmte Öffentlichkeit, ein Kollektiv, bestimmte Entscheidungen gemeinsam trifft, die möglichst gut für ihr Überleben als auch das Wohlergehen dieser Gemeinschaft sind.
Das ist zunächst eine sehr offene Definition – aber das ist auch gewollt. Er sagte, es gibt vielleicht ein abstraktes Ideal, das wir teilen, doch das Wichtigste am Gemeinwohl ist das Prozedurale: Wir durchlaufen gemeinschaftlich einen Prozess, in dem wir unsere Interessen aushandeln. Gemeinwohl lässt sich nie für alle Fälle pauschal festlegen, sondern muss in jedem einzelnen Fall und bei jeder Fragestellung neu ausgehandelt werden – insbesondere, wenn wir gesellschaftlich ein Problem lösen wollen. Es geht darum, herauszufinden, welche Lösung im Sinne unseres Kollektivs die beste ist.

Für ihn war Gemeinwohl das Gegenteil von Privatinteressen. Er meinte, wir sollten nicht nur als Privatperson, sondern mit Blick auf die Gemeinschaft überlegen: Was ist gut für uns als Ganzes – auch wenn das nicht immer mit den eigenen Interessen übereinstimmt.
Gemeinwohl entsteht durch Austausch, das Ausloten von Interessen und gemeinschaftliche Lösungsfindung.
Ohne diesen Prozess kann man leicht am tatsächlichen Gemeinwohl vorbeiarbeiten.
Benjamin Seibel: Jetzt ist es ja so in der Digitalwirtschaft: Es gibt große Technologiekonzerne, die in ihren Vision-Statements regelmäßig an das Gemeinwohl appellieren. Das war bei Google so, das ist bei Meta so, und es ist auch jetzt bei OpenAI so, dass man im Grunde sagt:
Eigentlich geht es uns darum, die Welt zu verbessern.
Inwiefern eignet sich eure Definition da für eine Differenzierung – oder vielleicht auch gerade nicht?
Theresa Züger: Ja, es ist ein haariges Feld – das, was jemand verspricht, entspricht nicht notwendigerweise dem, was tatsächlich für die Gesellschaft geleistet wird. Wichtig ist zu betonen, dass das Vorhandensein eines Geschäftsmodells Gemeinwohlorientierung nicht zwingend ausschließt. Beides kann Hand in Hand gehen, erzeugt jedoch ein Spannungsfeld.
Welche Anwendungen es schon gibt, die gemeinwohlorientiert sind und in welchen Bereichen es noch Potenziale gibt, sowie ein Ausblick in die Zukunft der KI, hört ihr in der ganzen Folge Radio CityLAB.
CityLAB Berlin

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