KI mit Köpfchen: 5 Tipps für den ethischen Einsatz in der Kulturarbeit
Ob beim Organisieren eines Festivals, dem Kuratieren einer Ausstellung oder dem Verfassen eines Theaterstücks – der Kulturbereich lebt von Ideen, die umgesetzt werden wollen. Wie können KI-Tools helfen, enge Zeitpläne und knappe Budgets zu meistern und gleichzeitig kreative Alleinstellungsmerkmale zu schaffen? Welche Werkzeuge helfen dabei, Routineaufgaben zu automatisieren oder kreativ zu experimentieren? Und wie bleiben Datenschutz, Ethik und Qualität auf Kurs? Fünf Gedanken, die dabei helfen, den digitalen Werkzeugkasten kritisch zu bestücken.
1. Datenkontrolle behalten, Privatsphäre schützen und sichere KI-Tools wählen
Wenn persönliche Daten wie Fotos, Namen oder andere sensible Informationen verarbeitet werden, steht die Frage im Raum: Wo landen diese Daten? Viele KI-Tools nutzen Cloud-Dienste oder zentrale Server, deren Standorte und Sicherheitsvorkehrungen intransparent bleiben. Das ist besonders problematisch, wenn mit sensiblen Daten von Teilnehmenden gearbeitet wird, wie etwa in Workshops oder Projekten mit Kindern und Jugendlichen.
Ein Beispiel: Bei der Bearbeitung von Bildern kann ein lokales Tool verhindern, dass die Originaldaten auf unbekannten Servern gespeichert werden. So bleibt die Privatsphäre gewahrt, ohne auf technische Unterstützung verzichten zu müssen.
Tipp: Tools, die transparent machen, wo und wie Daten verarbeitet werden, sind vertrauenswürdiger. Lokale oder Open-Source-Lösungen bieten die Möglichkeit, Dateien auf Servern zu speichern, deren Standort und Sicherheit vollständig unter eigener Kontrolle stehen. Ein Projekt, das sensible Daten enthält, kann so mit gutem Gewissen umgesetzt werden.
2. Einsatzmöglichkeiten realistisch bewerten und Grenzen der KI erkennen
KI kann Großartiges leisten – sie erkennt Muster in großen Datensätzen, erstellt beeindruckende Visualisierungen oder automatisiert sich wiederholende Aufgaben. Ein Alleskönner ist sie allerdings nicht. So eignet sich KI beispielsweise zwar hervorragend, um Textanalysen durchzuführen oder Suchbegriffe zu kategorisieren. Wenn es jedoch darum geht, individuelle Projekte mit vielen Nuancen und spezifischen Anforderungen umzusetzen, stoßen viele Tools früh an ihre Grenzen.
Ein Beispiel: Nehmen wir die Gestaltung eines Bühnenbilds mit generativen KI-Bild-Tools: innerhalb von Sekunden entstehen beeindruckende Entwürfe – doch der Teufel steckt im Detail. Wenn es darum geht, diese Entwürfe an die feinen Details einer individuellen künstlerischen Vision anzupassen – sei es die Einhaltung bestimmter Proportionen oder ein bestimmter Stil –, versagen viele Tools.
Tipp: KI ist ein nützliches Werkzeug für den Einstieg, zum Beispiel bei der Ideensammlung oder dem Prototyping. Für den Feinschliff und eine persönliche Note braucht es weiterhin menschliche Expertise.
3. Funktionsweise von KI verstehen und Transparenz bei Algorithmen fördern
Ein KI-Tool ohne transparente Funktionsweise ist wie ein Auto ohne Lenkung: Es bewegt sich, aber ohne klare Kontrolle über den Weg. Blackbox-Lösungen, bei denen die zugrunde liegenden Algorithmen und Entscheidungsprozesse nicht offengelegt werden, bergen Risiken. Sie können unerwartete Fehler produzieren oder Entscheidungen treffen, die nicht mit ethischen Grundsätzen vereinbar sind.
Ein Beispiel: Ein KI-Tool, das Bilder generiert, könnte stereotype Darstellungen unbewusst verstärken – etwa, wenn es Personen nur mit bestimmten Hautfarben oder Geschlechterrollen visualisiert. Diese Verzerrungen (sogenannte Bias-Risiken) entstehen oft durch die Trainingsdaten, die der KI zugrunde liegen. Fehlen klare Angaben dazu, bleibt unklar, welche blinden Flecken oder Vorurteile im System verborgen sind.
Tipp: Transparente Tools geben in ihrer Dokumentation Auskunft über die verwendeten Trainingsdaten, die Funktionsweise der Algorithmen und mögliche Risiken. Zusätzlich ist es sinnvoll, ein KI-Tool gezielt zu testen: Mit kleinen Probedurchläufen lassen sich typische Fehlerquellen frühzeitig erkennen. So bleibt der Einsatz nicht nur effizient, sondern auch ethisch vertretbar.
4. Konkrete Projektanforderungen und die Rolle der KI definieren
Wie kann KI strategisch dazu beitragen, die Projektziele zu erreichen? Eine sorgfältige Analyse hilft dabei, KI in den richtigen Bereichen einzusetzen und gleichzeitig menschliche Expertise dort zu behalten, wo sie unverzichtbar ist.
Ein Beispiel: Bei der Planung eines Theaterfestivals könnten KI-Tools unterschiedliche Rollen übernehmen: Ein Tool zur Datenanalyse könnte etwa Besucherdaten aus vorherigen Veranstaltungen auswerten, um Zielgruppen besser anzusprechen. Ein anderes Tool könnte bei der Planung von Ressourcen wie Bühnenzeitplänen oder Cateringkapazitäten helfen.
Tipp: Wo kann KI helfen, Projektziele effizienter zu erreichen? Welche Aufgaben lassen sich automatisieren oder optimieren, und wo braucht es den kreativen Input von Menschen? Mit einer vorhergehenden Bedarfsanalyse wird die KI gezielt als Teil der Gesamtstrategie eingesetzt, ohne ihre Rolle zu überbewerten.
5. Alternative Ansätze prüfen: Wann klassische Methoden sinnvoller sind
Nicht jedes Projekt benötigt zwingend den Einsatz von KI. Manchmal sind klassische Methoden nicht nur kostengünstiger, sondern auch authentischer und qualitativ hochwertiger. Der Schlüssel liegt in der Frage, ob der Einsatz von KI den kreativen Prozess wirklich bereichert oder ob traditionelle, kollaborative Ansätze den gewünschten Effekt nachhaltiger erzielen.
Ein Beispiel: Bei der Entwicklung einer interaktiven Installation zu lokalem Kulturerbe würde ein Regionalmuseum sicherlich eher einen Workshop organisieren, in dem Bewohner:innen ihre Geschichten und Erinnerungen teilen als allein auf KI-generierte Inhalte zu setzen. KI kann aber unterstützend eingesetzt werden, etwa bei der Organisation oder der Visualisierung der gesammelten Daten – der Kern des Projekts beruht jedoch auf der kollaborativen Arbeit der Gruppe.
Tipp: Kann der technologische Einsatz die Authentizität und Qualität des Projekts wirklich steigern? In einigen Fällen kann der direkte, persönliche Austausch – sei es in Workshops oder durch handwerkliche Methoden – die stärkere Verbindung zum Thema und zur Zielgruppe schaffen. KI muss nicht komplett ausgeschlossen werden und kann gezielt dort eingesetzt werden, wo sie den kreativen Prozess bereichert, ohne den menschlichen Faktor zu ersetzen.
Die Auswahl eines KI-Tools kann auf Basis reiner Effizienz getroffen werden und ist für viele Bereiche des alltäglichen Arbeitens eine enorme Entlastung. Bei der kreativen Arbeit ist es allerdings sinnvoll, Werkzeuge zu finden, die nicht nur funktional sind, sondern auch mit den eigenen Werten und Zielen übereinstimmen. Letztlich bleibt die Kontrolle über die Prozesse und Entscheidungen immer bei den Menschen – und das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis bei der kulturgerechten Arbeit mit künstlicher Intelligenz.
Für eine tiefere Auseinandersetzung mit der Frage, wie KI sinnvoll und werteorientiert in der Kulturarbeit eingesetzt werden kann, lohnt sich ein Blick ins Interview mit Gloria Schulz, Julian Kamphausen und Xenia Kitaeva vom Studio für unendliche Möglichkeiten, das Thorsten Baulig, Redakteur von kulturBdigital, geführt hat. Im Praxiswissen von kulturBdigital geben sie Einblick in ihren digitalen Werkzeugkoffer, teilen praxisnahe Erfahrungen und zeigen auf, wie Ethik und Effizienz bei der Auswahl und Nutzung von KI-Tools zusammengebracht werden können.
kulturBdigital
Projekt zur Stärkung digitaler Kompetenzen des Berliner Kulturbereichs. Mit kulturBdigital vermitteln wir Praxiswissen zum Einsatz digitaler Technologien, zeigen Good Practice Beispiele auf und vernetzen Berlins Kulturakteur:innen spartenübergreifend.