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Julia, wie geht Krisensicherheit in Berlin?

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 13.11.2024
Anna Hantelmann

Was brauchen wir, um lebensnotwendige Infrastrukturen in der Stadt aufrechtzuerhalten oder anders gefragt: Wie können wir Berlins Krisenresilienz in Zukunft stärken? Dazu sprechen wir mit Julia Zimmermann, die für die Technologiestiftung an mehreren Pilotmaßnahmen für Gemeinsam Digital: Berlin mitwirkt – und damit Berlins Zukunftsfähigkeit mit digitalen Lösungen vorantreibt.

Drei Personen sitzen an einem Tisch, vor ihnen liegen verschiedenfarbige Stifte und Papiere mit Notizen.
Julia Zimmermann (links) bei der Gemeinsam Digital: Berlin (GD:B) Jahreskonferenz 2024 im Roten Rathaus. © Foto: C. Flamme

Julia, warum müssen Städte resilienter werden und um welche Art von Krisensicherheit geht es in Berlin?

Julia Zimmermann: Extremwettereignisse wie anhaltende Dürre oder Starkregen werden immer häufiger und setzen den Menschen in der Stadt zu. Das ist ein Gesundheitsproblem, gerade für ältere Menschen, die unter der Hitze leiden. Aber es beeinträchtigt auch die Lebensqualität aller, wenn unsere Keller volllaufen oder der Park vor unserer Haustür vertrocknet.

Mehr Grün in der Stadt führt zu sauberer Luft und kühlt die Stadt im Sommer durch Verdunstung. Pflanzen in wasserrückhaltefähigen Pflanzgruben, wie Baumrigolen, werden nicht nur besser mit Wasser versorgt und dadurch vor starken Hitzeperioden geschützt. Gleichzeitig wird unsere Kanalisation wird entlastet, indem Wasser zwischengespeichert wird. Neben dieser Klimaresilienz ist zunehmend auch die digitale Resilienz in der Stadt wichtig.

Inwiefern?

Julia Zimmermann: Mittlerweile funktionieren unsere gesamte Administration und auch Krisenkommunikation über das Internet, sie sind also an digitale Infrastrukturen gebunden. Auch systemkritische Einrichtungen wie die Stadtverwaltung und die Rettungsdienste laufen nicht mehr ohne. Eine resiliente Stadt sollte also auch auf extreme Szenarien wie einen Blackout, der digitale Infrastrukturen lahmlegt, vorbereitet sein.

Ein stromautarkes Kommunikationsnetz, das krisensicher ist – das ist das Ziel der Kiezbox, an der dein Team gerade arbeitet. Um welche Szenarien geht es hier konkret?

Julia Zimmermann: Wenn der Strom ausfällt, bedeutet das nicht nur, dass ich auf einem individuellen Level langfristig mein Handy nicht mehr aufladen kann. Alle Mobilfunk-Antennen in der Stadt funktionieren dann nicht mehr. Auch Notstrom-Aggregate fallen nach wenigen Tagen, manchmal nur Stunden, aus. In diesem Fall kann ich also weder die Feuerwehr noch Rettungsdienste kontaktieren und auch nicht meine Familienangehörigen erreichen.

Die Kiezbox soll im Falle eines Stromausfalls automatisch in den Notfallbetrieb wechseln und ein Mesh-Netzwerk mit anderen Kiezboxen in der Stadt aufbauen. Selbst wenn eine Kiezbox als Kommunikationsknotenpunkt ausfällt, ist die krisensichere Kommunikation gewährleistet, um Notrufe weiterhin zu zustellen.

  • Ein Handy, das in der Hand gehalten wird. Im Hintergrund ein Solarpanel auf einer Dachterrasse
    Der erste Prototyp der Kiezbox steht auf dem Dach der Technologiestiftung Berlin. Weitere Kiezboxen sollen nun zu Testzwecken in der Umgebung installiert werden.
  • Das Planungstool von SmartWater soll Stadtplaner:innen, Bezirksämter und die Senatsverwaltung unterstützen, die Gefahr von Hitzeinseln und Überflutung abzuschätzen, um Maßnahmen zu ergreifen. © © aufsiemitgebrüll
  • Bei Starkregen soll mit dem Krisenkommunikations-Tool von SmartWater ein verbessertes Informations- und Warnsystem für extremwetterbedingte Situationen geschaffen werden. © © aufsiemitgebrüll
  • Über das SmartWater Info-Tool können sich Bürger:innen informieren und motiviert werden, selbst aktiv zu werden. © © aufsiemitgebrüll

Mit Amarex und SmartWater laufen aktuell auch zwei Projekte, die sich mit dem urbanen Wasserhaushalt beschäftigen. Warum ist Wasser so wichtig für die krisensichere Stadt?

Julia Zimmermann: Die Herausforderung, die beide Projekte addressieren, sind Starkregenereignisse in Zusammenspiel mit der hochgradigen Versiegelung unserer Stadt. So wie Berlin in den letzten Jahrzehnten gebaut wurde, funktioniert die Stadt gut für den Verkehr und dafür, dass wir schnell von A nach B kommen. Der viele Asphalt führt aber auch dazu, dass Regenwasser nicht mehr versickern kann, oberflächlich abgeleitet wird und in die Kanalisation läuft – und diese läuft bei Starkregenereignissen wiederum über.  

Bei SmartWater sorgt unter anderem ein Planungstool für Hilfe bei der Konzeption und Bewertung von städtebaulichen Maßnahmen und deren Effekte auf die blau-grüne Infrastruktur. Das soll Berlin langfristig bei der Planung hin zur Schwammstadt helfen. Andererseits können Bürger:innen sich über ein Infoportal dazu informieren, wie hoch das Überflutungsrisiko bei mir zu Hause ist und was ich im Falle eines Starkregenereignisses machen kann.

Auch bei Amarex geht es um das städtische Wassermanagement, wobei wir hier vielmehr Maßnahmen wie zum Beispiel Entsiegelungen, den Bau von Mulden oder Gründächern mit Blick auf den Wasserhaushalt und Maßnahmen zur Hitzevorsorge untersuchen. Die Summe aller städtebaulichen Maßnahmen entscheidet schließlich darüber, wie viel Wasser verdunstet oder versickert – oder eben aus dem Kanalnetz auf die Straße läuft.

Kiezbox 2.0

Ein Handy, das in der Hand gehalten wird. Im Hintergrund ein Solarpanel auf einer Dachterrasse

Wie sieht die resiliente Stadt von morgen aus? Das zeigt das Modellprojekt Kiezbox 2.0. Mit einem alternativen stromautarken Kommunikationsnetzwerk will das Projekt kritische Kommunikationsinfrastruktur im Krisenfall aufrecht erhalten – und so die Resilienz der Smart City stärken. Kiezbox 2.0 ist eine Pilotmaßnahme der Strategie Gemeinsam Digital: Berlin. Gemeinsam Digital: Berlin ist die Smart City Strategie des Landes Berlin im Rahmen des von BMWSB und KfW geförderten Programms "Modellprojekte Smart Cities".


Zielgruppe

Stadtgesellschaft, Verwaltung, Rettungsdienste