1 Jahr Kiezbox 2.0: Wie geht krisensichere Hardware-Entwicklung – 3 Learnings
Krisenmanagement ist ein Begriff, der längst nicht nur den analogen, sondern auch den digitalen Raum betrifft. Schnellere, digitale Kommunikationswege mit der Bevölkerung in Katastrophenfällen wie Hochwasser oder Pandemie sind gefragt. Wie können städtische Daten, smarte Sensoren und eine breite Beteiligung von Bürger:innen für mehr Krisensicherheit sorgen? Im Werkstattbericht teilt unsere Kollegin Ninett Rosenfeld Gelerntes aus einem Jahr mit der Kiezbox 2.0.

Stellen wir uns vor, wir könnten uns bei einem Stromausfall einfach in ein lokales Netzwerk einloggen, um Hilfe zu rufen oder Informationen zu erhalten – auch wenn das Mobilfunknetz ausgefallen ist. Genau das war das Ausgangsszenario der Kiezbox 2.0, unserem krisensicheren Hardware-Prototyp für ein stromautarkes Berlin.
Ein Blackout in einer Großstadt wie Berlin, kommt das überhaupt vor? Ja. In Berlin-Köpenick fiel 2019 für 30 Stunden der Strom in 31.000 Haushalten aus – das war der längste Stromausfall seit Jahrzehnten und er traf unsere Hauptstadt ganz unerwartet. Die Polizei fuhr damals mit Schildern und Lautsprecheransagen durch die Gegend, um die Anwohner:innen über die Situation zu informieren und dem großen Menschenaufkommen fragender Bürger:innen an Rettungswachen entgegenzuwirken.
Die Idee für die Kiezbox war geboren und hat als Prototyp seitdem viele Iterationsschleifen durchlaufen. Was wir in einem Jahr Projektförderung im Rahmen von Gemeinsam Digital:Berlin gelernt haben, lest ihr hier.

Fragen kostet nichts – mit Bürger:innenbeteiligung zu besseren Lösungen
Die Kiezbox soll im Krisenfall ein stromautarkes Kommunikationsnetz sicherstellen und im Regelbetrieb Umweltdaten messen. Es gibt also einmal die Kiezbox selbst als fest installierte Hardware auf den Dächern Berlins für die Krisenkommunikation und Sensormodule, die flexibel und abhängig vom Kiezbox-Core auf Dächern oder auch in der Nähe der Straße Umweltdaten sammeln. Wir haben öffentliche Veranstaltungen wie die Lange Nacht der Wissenschaft im letzten Jahr genutzt, um die Bevölkerung zu fragen, welche Umweltdaten sie in ihrer direkten Umgebung interessieren. Viele fanden zum Beispiel Feinstaubbelastung oder Pollenflug, die Einfluss auf die Gesundheit haben, wichtig. Das waren spannende Einblicke, die wir vorher nicht hatten. Die Befragung von Bürger:innen war also wichtig, um das Sensormodul an die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung anpassen zu können.

Auf vorhandenen Lösungen aufbauen – mit Shadowing bei der Berliner Feuerwehr
Die Kiezboxen bauen ein eigenes, stromautarkes Notfall-WLAN auf und funktionieren als Hotspots, damit auch bei einem Stromausfall Rettungsdienste erreicht werden können – zum Beispiel die Feuerwehr. Unsere ursprüngliche Idee eine eigene Notruf-App zu entwickeln, hat sich schnell als zu komplex herausgestellt. Zudem gibt es bereits gute Notruf-Apps, wie die Nora-App, die im Notfall gut funktionieren und auch über das Kiezbox-Notruf-WLAN genutzt werden können.
Bei einem Besuch in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr haben wir einen guten Einblick bekommen, wie Notrufe ablaufen und wie die Kiezbox die Rettungsdienste bei Stromausfall unterstützen kann. Über das stromautarke Kiezbox-WLAN können wir Notrufe mithilfe von Voice-over-IP an die Feuerwehr weiterleiten und damit auch die Kommunikation zwischen der Bevölkerung und den Rettungsdiensten bei Stromausfall sicherstellen.

Weniger ist mehr – Machbarkeit mit Prototypen und wenigen Technologien einfach zeigen
Die Kiezboxen auf Berlins Dächern bauen über ein sogenanntes Mesh-Netzwerk ein Notfall-WLAN auf, in das sich Bürger:innen einloggen und Rettungsdienste kontaktieren können. Dabei ist es eine große Herausforderung, gute Standorte für die Kiezboxen zu finden. Viel Zeit benötigt die Standortakquise, um geeignete Dächer und die richtige Ansprechperson zu finden. Wir haben dabei gemerkt, dass wir bereits mit wenigen Boxen ein einfaches Mesh-Netzwerk aufbauen können. Mit unseren Prototypen geht es uns darum, die technische Machbarkeit des Aufbaus eines Krisennetzwerk zu testen. Wir wollen dabei mit wenigen Technologien (IoT, LoRa) zeigen, was mit Umweltdaten, Open Source und Open Hardware möglich ist – für viele verschiedene Szenarien, in denen die Kiezbox als Infoportal oder auch für die smarte Sensormessung dient.
Die Kiezbox 2.0 ist eine Pilotmaßnahme der Strategie Gemeinsam Digital: Berlin (GD:B).
Kiezbox 2.0

Wie sieht die resiliente Stadt von morgen aus? Das zeigt das Modellprojekt Kiezbox 2.0. Mit einem alternativen stromautarken Kommunikationsnetzwerk will das Projekt kritische Kommunikationsinfrastruktur im Krisenfall aufrecht erhalten – und so die Resilienz der Smart City stärken. Kiezbox 2.0 ist eine Pilotmaßnahme der Strategie Gemeinsam Digital: Berlin. Gemeinsam Digital: Berlin ist die Smart City Strategie des Landes Berlin im Rahmen des von BMWSB und KfW geförderten Programms "Modellprojekte Smart Cities".