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Forum Wissenswerte: Das Gaming von heute

  • Rubrik Aus der Stiftung
  • Veröffentlichungsdatum 05.03.2025
Michael Scherer

Deutschland spielt. Fast die Hälfte aller Menschen in Deutschland macht das am liebsten digital: am Rechner, am Smartphone oder an der Konsole. League of Legends, Fortnite oder Super Mario sind zum Beispiel erfolgreiche Computerspiele. Aber auch kurzweilige Sortier- Rechen- oder Wortspiele am Handy sind äußerst beliebt. Games, also Computerspiele, werden als Kulturgut und Wirtschaftsfaktor immer wichtiger. Und auch im Bereich Bildung hat das Gaming Potential, sagen Expert:innen.

Ein Bericht von Jessica Wiener

Der Blick auf Computerspiele habe sich in den vergangenen Jahren verändert. Da sind sich Malina Riedl von der Stiftung Digitale Spielekultur, Prof. Thomas Bremer vom DE:HIVE der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und Dr. Matteo Riatti vom Projektträger DLR einig.

Kulturgut „Gaming“

Bremer – seit 15 Jahren Professor für Game Design – sagt, heutzutage sei Spielen in Deutschland viel akzeptierter als noch vor einigen Jahren. Riedl spricht gar von einem Kulturgut: „6 von 10 Leuten in Deutschland spielen Computerspiele.“ Figuren aus Spielen seien teilweise „zu Popikonen geworden (…) – wie Lara Croft oder Pac-Man.“ Digitale Spiele seien „einfach Alltagskultur geworden“. Nicht umsonst sei die Computerspielförderung „neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mittlerweile auch bei der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien angesiedelt“, so Riedl. Allein die Existenz solcher Förderprogramme unterstreiche diese These, so Riatti.

Unterhaltung und Lernen

Bei der Frage nach dem pädagogischen Wert von digitalen Spielen gehen die Meinungen der Expert:innen allerdings auseinander. Zwar sind sich Riedl, Riatti und Bremer einig, dass durch Games an vielen Stellen ein lebenslanges Lernen möglich ist; Im Bereich Problemlösungskompetenz oder logischem Denken etwa. Auch Teambewusstsein und Disziplin werde beim Gaming vermittelt. Allerdings, betont Riedl, gebe es einen Unterschied zwischen sogenannten „Serious Games“ und sogenannten AAA-Produktionen, bei denen es den Entwickler:innen vor allem um weitreichenden kommerziellen Erfolg geht.

Für den Einsatz in pädagogischen Kontexten können sich beide Arten von digitalem Spiel eignen. „Serious Games“ können, spezifische Lerninhalte erlebbar machen und spielerisch Wissen vermitteln. Wie zum Beispiel geschichtliche Inhalte. Durch “Serious Gaming” ließen sich aber auch Blockbuster-Titel gut in der Bildung nutzen.  Wahrscheinlichkeitsrechnung könne etwa auch spielerisch vermittelt werden, wie zum Beispiel mithilfe des Spiels „Mario Kart“. Das sei bei einem Modellprojekt in Berlin ausprobiert worden und habe nach Aussage von Lehrkräften und Schüler:innen gut geklappt, so Riedl.

Das funktioniere aber nicht immer, sagt Riatti und führt ein Vokabel-Trainer-Spiel-Programm an, dass er selbst in seiner Jugend genutzt habe. „Ich war ja nicht blöd. Ich wusste doch, was das Programm von mir will: mich zum Lernen zwingen. Und dann funktioniert das wieder nicht.“ Viel wertvoller sei es zu erkennen, dass viele Spiele automatisch wertvolles mitbringen, ohne dass eine Pädagogin oder ein Pädagoge bei der Entwicklung mitgewirkt habe. In Wirtschaftssimulationen lerne man zum Beispiel etwas über das Prinzip Angebot und Nachfrage oder was eine Rohstoffkette sei. Selbst beim einfachen „daddeln auf dem Handy“ lerne man die Hand-Augen-Koordination. Aus jedem Spiel könne man etwas lernen, so Riatti.

Aus evolutionärer Sicht trägt Spielen bzw. spielerisches Verhalten zur Fitness von Individuen und ganzen Populationen bei, sagt Bremer. Spiele erhalten deswegen vor allem in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche eine größere Aufmerksamkeit. Spiele trainieren, was in einer jeweiligen Gesellschaft gebraucht werde. Niemand musste große Schulungen durchführen, damit junge Menschen mit PCs vielfältige Aufgaben bewältigen konnten. Sie haben das meiste durch Spielen gelernt.

Trends

Die Spielekultur ist divers. Keiner der drei Expert:innen kann die Frage nach aktuellen Trends in der Branche beantworten. Denn: DIE eine Spielekultur, die gebe es nicht, sagt Riedl. Das Angebot an Spielen sei sehr breit.

Wo es aber einen Trend gebe, sei in der Verwertung, sagt Riatti. DVDs seien schon lange nicht mehr das Mittel der Wahl. Es werde vor allem Online gekauft, schnell über Plattformen und unterwegs. Die Anbieter:innen hätten deswegen größtenteils ihre Strategie verändert. Es gehe mittlerweile um möglichst viele Downloadzahlen. Ein Spiel könne dabei auch kostenlos beginnen. Finanzieren würde es sich dann über kleine Käufe im Spiel – mal für einen oder für fünf Euro: für kosmetische Updates zum Beispiel, oder um sich Vorteile zu erkaufen. Typische Verkaufswellen, die gebe es immer weniger, so Riatti. Gaming werde zunehmend als konstante Unterhaltungsdienstleistung verstanden.

Games und KI

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz revolutioniere und verändere die Spielebranche, sagte Bremer von der HTW. Durch KI sei es absehbar und notwendig, dass wir eine neue Art der Interaktion mit Maschinen lernen. Das sehe man schon bei den jungen Leuten. Die hätten zum Beispiel ihre Hemmungen, mit einer Maschine zu sprechen, längst abgebaut. Und so werde sich auch das Spielen in den nächsten Jahren radikal verändern.

Das werde die Spieleindustrie vor große Herausforderungen stellen. Denn die PC-Spiele von heute sind längst die Spiele der Älteren. Die Jugend von morgen wird anders spielen.

Was der Einsatz von KI für Spiele und die Spielerfahrung aber genau bedeutet, sei nicht absehbar, sagt Riatti. Und nicht alles, was grundsätzlich möglich sei vielleicht nicht unbedingt das, was die Spieler:innen wollen.

Riedl spricht von zwei Perspektiven, die beim Thema KI im Bereich Games vorherrschen. Positiv: Die Produktivität und das immersive Erlebnis können durch den Einsatz künstlicher Intelligenz immens gesteigert werden. Negativ: Es droht der Verlust von Arbeitsplätzen und die Überschwemmung des Marktes mit mittelmäßigen gleichförmigen Spieletiteln. Dabei sei die Frage nach dem Urheberrecht noch gar nicht geklärt.

 

Das Gespräch führte Axel Dorloff, Wissenschaftsredakteur beim rbb24 Inforadio.

Wir danken dem DLR Projektträger Berlin, in dessen Räumen das Gespräch aufgezeichnet wurde, für die Gastfreundschaft.

 

Referent:innen

Malina Riedl

Projektleiterin bei der Stiftung Digitale Spielekultur

Prof. Thomas Bremer

Professor für Game Design an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW)

Dr. Matteo Riatti

Abteilungsleiter DLR Projektträger, Abteilung Computerspiele / Kreativbranche

 

Das Forum Wissenswerte ist eine gemeinsame Veranstaltung der Technologiestiftung Berlin und rbb24 Inforadio. Die Sendung finden Sie zum Nachhören im rbb24 Inforadio und in der ARD Audiothek.

Forum Wissenswerte

Das Forum Wissenswerte gibt einen vielseitigen Einblick in aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und Forschung, die unser Leben maßgeblich prägen. In Kooperation mit rbb24 Inforadio.