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5 Jahre Gieß den Kiez: Gemeinsam Bäume retten für Berlins Stadtgrün

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 11.06.2025
Anna Hantelmann

Gieß den Kiez, das sind fast 1 Millionen digital verzeichnete Stadtbäume – und über 10.000 registrierte Freiwillige, die sich um das Grün vor ihrer Haustür kümmern. Mit Informationen zu Alter, Art und Wasserbedarf unterstützt die interaktive Karte beim Gießen in Dürrephasen – und das mittlerweile in fünf internationalen Städten. Zum 5-jährigen Jubiläum fragen wir Julia Zimmermann und Yannick Müller, wie Community und Open Source bei Gieß den Kiez zusammenkommen.

Was ist das Erfolgsrezept von Gieß den Kiez und wie hat Open Source dazu beigetragen, dass außer Berlin noch mehr Städte mitmachen?

Julia: Die Gieß-Community war schon da – wir haben ihr nur die passenden Tools an die Hand gegeben. Unsere Zielgruppe sind Ehrenamtliche, die zwar nicht alle unbedingt ein Baum-Faible haben, aber sich mit anderen vernetzen und in der Stadt wirken wollen. Diese Grundwerte teilen wir alle und deswegen hatten wir innerhalb kürzester Zeit schon 1.000 Registrierungen.
Als wir 2020 anfingen, gab es noch kaum eine „grüne“ Open-Source-Community. Aber mit Netzwerken wie den OKLabs gab es in deutschen Städten schon viele Gruppierungen, die gemeinsam gecodet und gehakt haben.

Leipzig hat Gieß den Kiez gesehen und direkt nachgebaut. Der Open-Source-Ansatz hat dann auch noch Leipzig, Magdeburg, Potsdam und zuletzt Paris angesprochen. Dass Code und User Interface modular, verständlich und vor allem gut dokumentiert sind, hat natürlich enorm geholfen.

Julia Zimmermann :
Bereichsleitung Digital Services

Yannick: Und genau da wirkt der Open Source-Grundgedanke: Anwendungen wie Gieß den Kiez funktionieren immer nur so gut wie die Community dahinter und die zugrunde liegenden öffentlichen Daten.

Beim Baum-Thema, das ziemlich emotional ist, zeigt sich, wie aus langen Excel-Listen wirklich anschauliche, interaktive Karten entstehen können. Das wünsche ich mir auch für andere städtische Daten.

Yannick Müller :
Strategic Partnerships

Nach dem großen Ansturm liegt die Zahl der aktiven Registrierten bei Gieß den Kiez heute bei rund 10.000. Welche Rolle spielt die Community der freiwillig Gießenden?

Yannick: Gieß den Kiez wäre ohne die Community gar nicht denkbar. Viele Berliner:innen haben sich vorher schon um Straßenbäume gekümmert – die Plattform hat ihr Engagement sichtbarer gemacht, vereinfacht und wertgeschätzt. Natürlich gibt es auch immer wieder kritische Stimmen nach dem Motto: „Wieso müssen denn die Leute jetzt selber gießen?“. Die Antwort ist oft: Weil sie es wollen und teilhaben möchten.
Unsere Community ist nach wie vor sehr aktiv, sie gibt sich auch gegenseitig Tipps und baut zusammen Wissen auf. Die meisten registrierten Nutzenden bleiben kontinuerlich dabei, was viel wichtiger ist als das reine Wachstum an neuen Registrierungen.  

Julia: Wir haben schon sehr früh nicht-technisches Feedback von der Gieß-Community bekommen, da mussten wir gar nicht fragen. Viele haben uns gemailt, Vorschläge gemacht, Fragen gestellt. Daraus ist ein echter Dialog entstanden, den wir für alle öffnen wollten. Deswegen sind wir bald von linearer zu interaktiver Kommunikation übergegangen und haben Chatgruppen gegründet.
Die Ergebnisoffenheit hinter Gieß den Kiez hat den Dialog erst ermöglicht zwischen nicht-technischer und technischer Community.

Die Nutzenden, also die Gießenden, wissen selbst am besten, was sie brauchen, um gut gießen zu können, wie zum Beispiel die Pumpen-Standorte – das ist eines von vielen Community-Features. Am Ende ist Gieß den Kiez also wirklich der verlängerte Arm der Community.

Julia Zimmermann :
Bereichsleitung Digital Services

Gibt es Lieblingsmomente mit Gieß den Kiez, die nur mit Bäumen und Daten passieren?

Yannick: Gieß den Kiez ist eines meiner Lieblingstools, weil es am einfachsten beschreibt, wie wir Digitalisierung für die Stadt nutzen.

Menschen erinnern sich auch Jahre später an diesen Aha-Moment mit Gieß den Kiez: Das ist eine greifbare Lösung für ein städtisches Problem.

Yannick Müller :
Strategic Partnerships

Julia: Technisch und auch mit Blick auf die Community ist Gieß des Kiez ein einzigartiger Lernprozess. Es gab zum Beispiel einen Punkt, wo wir gemerkt haben: Wir brauchen ein Community-Management – das hat sich mit den Chat-Kanälen für Ankündigungen oder Fotos dann immer weiterentwickelt. Am Anfang hatten wir auch viel mehr Fragezeichen, was das Gießen selbst anging. Denn: Es gibt 12 Berliner Bezirke, 12 Arten zu gießen und 12 Arten, Bäume als "jung" oder "alt" zu bewerten. In enger Zusammenarbeit mit den Bezirksverwaltungen haben wir unter anderem die Altersspannen bei Gieß den Kiez verfeinert, sodass unsere Nutzenden heute noch informierter und koordinierter gießen können.

Gleich losgießen? Für mehr fachliche Expertise verweisen wir gerne auf unsere FAQs und das Handbuch Gute Pflege.