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  • Thema Smart City

3x nachgehakt: Pascale Rouault, Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Wasser Berlin (KWB)

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 01.10.2024
Anna Hantelmann

Wir stellen drei Fragen an Digital-Praktiker:innen, deren Themen uns bewegen. Diesmal an Pascale Rouault, die uns verrät, welche Bedeutung Wasser für die Smart City Berlin hat und wie Wasser- und Datenströme dabei zusammenhängen.

Warum spielt ausgerechnet Wasser eine entscheidende Rolle für die Zukunftsfähigkeit Berlins und welche Herausforderungen gibt es?

Wasser ist in unserer Wahrnehmung ein alltägliches, selbstverständliches und frei verfügbares Gut, über dessen Bedeutung sich die wenigsten Gedanken machen. Dabei ist es eine strukturell grundlegende und entscheidende Ressource, die für die Entwicklung Berlins eine zentrale Rolle spielt. Es ist unverzichtbar für die Trinkwasserversorgung, die Landwirtschaft, die Industrie, die Energieerzeugung und die Gesundheit, aber auch als Lebensraum. Wasser beeinflusst das Stadtklima und die Lebensqualität der Menschen. Die Herausforderung besteht in der steigenden Nachfrage aufgrund des Bevölkerungswachstums, des industriellen Verbrauchs sowie der Folgen des Braunkohletagebaus und des Klimawandels. Dürren und Starkregenereignisse nehmen zu und führen immer häufiger zu Stress- und Extremsituationen, die die Verfügbarkeit und Qualität unseres Wassers beeinträchtigen. Die nachhaltige, bewusste und effiziente Nutzung und der Schutz der Wasserressourcen sind daher entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Berlins und der gesamten Metropolregion.

Welche gesellschaftlichen und technologischen Ansätze gibt es, um dieser Entwicklung zu begegnen und sich als Stadt an diese Bedingungen anzupassen?

Die Herausförderungen erzeugen einen hohen Handlungsdruck in allen Bereichen. Berlin hat mit dem „Masterplan Wasser“ bereits 32 konkrete Maßnahmen für eine sichere Trinkwasserversorgung, einen verbesserten Gewässerschutz, die Förderung eines sparsamen Wasserverbrauches und die Modernisierung der Abwasserentsorgung entwickelt, zudem wird an der „Wasserstrategie Hauptstadtregion“ gearbeitet, um einen länderübergreifenden und abgestimmten Umgang mit der Ressource Wasser zu erreichen. Dabei spielt zum Beispiel das Thema der Schwammstadt - also möglichst viel anfallendes Regenwasser vor Ort aufzunehmen und zu speichern, anstatt es lediglich zu abzuleiten - eine wichtige Rolle. Während beim Bau neuer Stadtquartiere die Voraussetzungen für die Umsetzung von Schwammstadt-Konzepten bereits häufig gegeben sind, liegt die Herausforderung im Bestand. Dafür sind klare Vorgaben, einfach umsetzbare Lösungen und eine gute Kommunikation wichtig. Kooperationen sind dabei der Schlüssel. Nur gemeinsam mit den privaten Flächeneigentümer:innen, die ihre Hauswände, Dächer, versiegelten Gärten und Höfe begrünen, können wir vorankommen.  

Die Industrie hat ebenfalls erkannt, dass Wasser nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Hier wird intensiv daran gearbeitet, Wasserkreislaufsysteme effizienter zu nutzen.

Berlin als Wissenschaftsmetropole ist auch beim Thema Wasser ein wichtiger Innovationsstandort und auf vielen Gebieten Vorreiter mit zahlreichen Forschungsprojekten und Pilotanlagen. Wir am KWB arbeiten mit vielen Akteuren entlang des gesamten Wasserkreislaufs; aktuell sind es um die 40 Projekte. So bewerten wir zum Beispiel Technologien für die Wasserwiederverwendung (etwa im Projekt DigiWaVe oder WaterMan), nutzen Daten aus der Fernerkundung für ein effizienteres Umweltmonitoring von kleinen urbanen Seen (AG4DG) oder untersuchen Möglichkeiten zur Anpassung des Regenwassermanagements durch blau-grün Infrastrukturen (AMAREX).

Wasserknappheit erzeugt einen hohen Handlungsdruck in allen Bereichen. Die effiziente Nutzung und der Schutz der Wasserressourcen sind daher entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Berlins und der gesamten Metropolregion

Pascale Rouault :
Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Wasser Berlin

Welche Bedeutung haben dabei die Digitalisierung, die Verwendung von Daten und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und an welchen Projekten arbeitet ihr diesbezüglich am KWB?

Wie in allen Bereichen der Smart City spielen Digitalisierung, Daten und KI eine zentrale Rolle, natürlich auch in unserer Arbeit. Zu unseren Kernkompetenzen gehören KI-basierte Software und datenbasierte Vorhersagemodelle, die wir in verschiedenen innovativen Projekten einsetzen.

Ein aktuelles Projekt, in dem wir auch mit der Technologiestiftung Berlin zusammenarbeiten, ist Smart Water. In Smart Water werden digitale Werkzeuge entwickelt, um die Klimaresilienz Berlins zu verbessern. Hauptziele sind die Unterstützung der Maßnahmenplanung für grüne und blaue Infrastruktur, die Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölkerung und die Entwicklung eines Frühwarnsystems für Hochwasser- und Hitzeereignisse, das adressgenaue Informationen liefert.

Ein weiteres Beispiel ist SWIM:AI, ein Software-Tool, das mit Gewässer- und Regenwetterdaten gefüttert wird, um die Wasserqualität an Berliner Badestellen tagesaktuell vorherzusagen – all das ohne aufwändige Probeentnahme und -auswertung.

Darüber hinaus haben wir das Modellierungswerkzeug SEMAplus entwickelt, das die Alterung von Abwasserkanälen simuliert und mittels KI Hotspots identifiziert, die dringend saniert werden müssen. Außerdem kann SEMAplus den Zustand von Kanalnetzen über mehrere Dekaden unter Berücksichtigung verschiedener Sanierungsszenarien prognostizieren. Dies ermöglicht eine präzisere und effizientere Planung der Instandhaltung des Kanalnetzes.

Und abschließend sei noch das Projekt iOLE genannt. In diesem arbeiten wir an der intelligenten Online-Leckage-Erkennung. Leckagen in Trinkwassernetzwerken verursachen weltweit jährlich massive Wasserverluste in Höhe von 120 Millionen Kubikmetern. Das hat ernsthafte Konsequenzen, wie Betriebsausfälle, Gesundheitsrisiken und Beschädigungen der umliegenden Infrastruktur. Unser Ziel ist, mithilfe der Anwendung von Algorithmen aus der Datenwissenschaft Leckagen schnellstmöglich, automatisiert und zuverlässig zu identifizieren und zu lokalisieren, um ihre negativen Auswirkungen nachhaltig zu reduzieren.