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3x nachgehakt: Dorothea Winter von der Humanistischen Hochschule Berlin

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 07.10.2025
Anna Hantelmann

Wir stellen drei Fragen an Digital-Praktiker:innen, deren Themen uns bewegen. Diesmal an Dorothea Winter von der Humanistischen Hochschule Berlin, die uns als Philosophin und Kunsthistorikerin erklärt, inwiefern der Wahrheitsgehalt von Bildern nicht nur bei KI diskussionswürdig ist – und warum ChatGPT als Therapieersatz an das Internet der 2000er erinnert.

Mensch oder Maschine: Im englischsprachigen Raum gibt es bereits Gütesiegel, die kennzeichnen, welche Werke noch von menschlichen Autor:innen verfasst wurden – und nicht von KI. Ist das nicht nur Symptombekämpfung?

Ohne verpflichtende KI-Siegel droht der Verlust von Vertrauen. Denn je höher das Niveau von KI-generierten Texten, Bildern und Videos, umso dramatischer die Folgen.

Transparenzpflichten kennen wir längst – im Dokumentarfilm wird offengelegt, wenn Szenen nachgestellt sind. Genauso müssen wir KI-Inhalte auch bei Texten kennzeichnen.

Aus Sicht einer Philosophin und Kunsthistorikerin: Welche Grundsätze für menschliche Ethik und Urheberschaft gelten weiterhin, trotz oder gerade wegen KI?

Die „Wahrheit des Bildes“ ist historisch konstruiert – KI macht das radikal sichtbar. Mit der Fotografie wurde klar: Wahrheit ist ein Ausschnitt, eine Entscheidung, was gezeigt wird und was nicht. Mit KI gilt noch stärker: Nur weil etwas als Bild existiert, ist das kein Beweis für Realität. Deepfakes machen das unübersehbar.

Digitale Kompetenzen bedeuten heute nicht nur selbst Technik nutzen können, sondern auch reflektieren können.

Dorothea Winter :
Philosophin und Kunsthistorikerin, Humanistische Hochschule Berlin

Je mehr wir darüber sprechen und nachdenken, wer die Technologien entwickelt und einsetzt, welche Folgen die Nutzung für mich als Individuum und die Gesellschaft hat, desto schneller entwickeln sich unsere Kompetenzen.

Zuletzt eine persönliche Einschätzung: In welchen Bereichen lohnt sich die Weiterentwicklung von KI-Systemen – auch mit echten, repräsentativen Daten – und wo überwiegen die Risiken?

KI ist dort sinnvoll, wo sie stärkt – und riskant da, wo sie ersetzt. Mein Lieblingsbeispiel: KI-gestützte VR-Brillen gegen Spinnenphobie. Oder KI-Software zur Hautkrebserkennung. Diese Bereiche müssen wir mehr ausbauen. Gefährlich wird es dagegen bei KI als Therapie-Ersatz.

Wir können viel von unserem Umgang mit dem Massenphänomen „Internet“ in den frühen 2000ern lernen: Der Hype muss erst einmal abkühlen, die Risiken sichtbar werden, und die Gesellschaft Regeln und Routinen entwickeln.

Dorothea Winter :
Philosophin und Kunsthistorikerin, Humanistische Hochschule Berlin

Genau dafür brauchen wir heute Aufklärung und Debatten – damit KI nicht nur Verheißung bleibt, sondern verantwortbar eingesetzt wird.