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Open Source und Verwaltung: Da ginge doch mehr!

  • Veröffentlichungsdatum 31.05.2021
Frauke Nippel

Das CityLAB Berlin startete eine Veranstaltungsreihe zum Thema

Open Source-Software ist eigentlich das ideale Arbeitsmittel für die öffentliche Verwaltung: Anpassungen und Weiterentwicklungen können ganz nach den eigenen Vorstellungen erfolgen. Man kann auf Entwicklungen anderer Kommunen zurückgreifen und diese modifizieren und transparent ist das Ganze auch. Dennoch müssen sich die Befürworter:innen eingestehen, dass sich Open Source-Software nur zögerlich durchsetzt. Woran liegt das?

Drei Expert:innen hatte das CityLAB am 19.05. eingeladen, um über das Thema Open Source in der öffentlichen Verwaltung zu sprechen. Moderiert vom Leiter des CityLABs, Dr. Benjamin Seibel, diskutierten Boris Hekele, Gründer von FixMyCity, Thomas Krause, Referatsleiter bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, und Zehra Öztürk, Stellvertretende Referatsleitung des Referats Steuerung Fachverfahren und Neue Technologien im Amt für IT und Digitalisierung in der Senatskanzlei Hamburg.

Warum es nicht rund läuft

Gleich eingangs wurde die Situation analysiert: Seit fast zehn Jahren wird das Thema diskutiert, bekennt sich die Politik zu Open Source und doch tut sich wenig. Und das nicht nur in Berlin. Auch in anderen Städten läuft es nicht rund.

Für Thomas Krause ist die Tatsache, dass sich Open Source bundesweit nur zögerlich durchsetzt, ein Zeichen dafür, dass es tiefergreifende strukturelle Probleme gibt, die den Open Source-Einsatz in der Verwaltung erschweren. Der Verwaltung fehlen häufig qualifizierte Fachleute, die mit Open Source arbeiten können. Daneben macht er eine Neigung aus, „über den Ausbau zu diskutieren, bevor die Bodenplatte liegt“. In Berlin speziell erschwert seiner Meinung nach auch die dezentrale Organisation den konsequenten Ausbau von Open Source. Er findet es interessant, dass Hamburg seit 2018 einen anderen Weg geht.

Tatsächlich hat Hamburg 2018 ein zentrales Amt für IT und Digitalisierung in der Senatskanzlei eingerichtet. Die stellvertretende Leiterin des Referats „Steuerung Fachverfahren und neue Technologien“ Zehra Öztürk berichtet, dass sie mit allen Ressorts zusammenarbeitet und den Einsatz von Open Source initiiert, wo es möglich ist. Erste größere Leuchtturmprojekte kommen langsam in die Umsetzung. Zunächst war es aber nötig, Standards und Prozesse zu definieren, um mit Open Source „jenseits von Firefox“ wirklich arbeiten zu können. Auch muss die weitere Zusammenarbeit mit Dienstleister*innen neu geklärt werden, deren Geschäftsidee oft gerade auf der Vermarktung geistigen Eigentums beruht. Hier muss sich auch etwas an der Vergabepraxis ändern, mit der zurzeit die gewünschten Arbeitsergebnisse kaum ausgeschrieben werden können.

Offenheit und die Idee vom geistigen Eigentum widersprechen sich nicht

Diese erste schwere Hürde hat Boris Hekele schon überwunden. Er ist einer der Geschäftsführer von FixmyCity und arbeitet mit offener Software sehr erfolgreich, nicht nur für den Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Seine Leistung sieht er auch nicht nur darin, Software zur Verfügung zu stellen, sondern auf ihr basierend Dienstleistungen zu entwickeln und zu implementieren, die eine transparente und partizipative Verwaltungskultur schaffen. Er möchte, dass Verwaltungen und Bürger:innen zukünftig zusammen an der Frage arbeiten, wie die Stadt aussehen soll. Und das geht nach seiner Überzeugung am besten mit offener Software, die die Forderung „public money, public code“ umsetzt.

Projekte, Strukturen und Kulturanwandel

Genau wie Gesetzestexte sollten Software-Programme der Verwaltungen für jede:n einsehbar sein. Für Boris Hekele ist das die Vision, mit der andere von Open Source-Software überzeugen will. Auch die beiden anderen Diskussionsteilnehmer:innen haben überzeugende Argumente: Thomas Krause weist vor allem auf die Entwicklungsmöglichkeiten hin, die offene Software bietet. Niemand muss mit Templates arbeiten, die nicht mehr zu den Prozessen passen, jede:r kann sinnvolle Weiterentwicklungen unternehmen, gegebenfalls auch mit Partner*innen in anderen Kommunen, die ähnliche Themen bearbeiten. Überdies können Datenflüsse transparenter gestaltet werden – ein Effekt, den man nicht unterschätzen sollte. Die Hamburgerin Zehra Öztürk will vor allem mit „geilen Projekten“ überzeugen, die sehr praktisch zeigen, was Open Source kann.

Die Technologiestiftung Berlin und das CityLAB arbeiten an den Projekten, Strukturen und dem Kulturwandel, den die drei Expert:innen fordern. Benjamin Seibel weist am Ende vor allem auf die neue Seite berlinopensource.de hin, die einschlägige Projekte sichtbar macht und lädt zur nächsten Veranstaltung in dieser Reihe ein. Da wird es um die Finanzierung von Open Source gehen: www.citylab-berlin.org/events/opensourceprojekte/. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Anmeldung per Mail ist jederzeit möglich.

Nachtrag: Mittlerweile gibt es auch einen Podcast der Veranstaltung.

CityLAB Berlin

Gut gelaunte Menschen stehen vor dem Eingang des CityLABs

Im CityLAB wird Innovation und Partizipation zusammen­gedacht: Verwaltung und Stadtgesellschaft arbeiten hier gemeinsam an Lösungen für das digitale Berlin von Morgen.


Zielgruppe

Stadtgesellschaft und Verwaltung